Testbericht SB5e D-8947 OV | |
Ein Hochleistungssegelflugzeug in Holzbauweise | |
Die Hintergrundgeschichte: | |
"Unverhofft kommt oft!", so
könnte man vielleicht meinen Weg zu der SB5 beschreiben. Nachdem ich mit
meinem Spatzen nicht ganz so glücklich war, war ich auf der Suche nach einem
Flugzeug, welches besser meinen Anforderungen entsprach. Das Schlagwort war
hierbei: "Alltagstauglichkeit". Der Spatz war hierbei wohl nicht ganz so
ideal. Ich möchte ihn hier nicht schlecht reden, ganz gewiss nicht. Es war
mein erstes Flugzeug, was für einen (damals) 19-jährigen schon was
besonderes ist, allerdings muss man ihn mögen. Entweder man kann es oder
nicht. F-Schlepp (was bei uns in Worms die gängige Startart ist), war mit
der Kufe und Schleifsporn nur auf Gras möglich. Und die max.
Schleppgeschwindigkeit von 100Km/h war hinter einer 180PS-Remoquer auch
nicht sooo glücklich. Naja, dann war mir der Flieger ehrlich gesagt auch
etwas kritisch, wenngleich ich es auch noch nicht persönlich erlebt habe.
Wie gesagt, ich denke ein super Flugzeug, von der Bauweise ist er ideal und
unkaputtbar, aber eher was für Freaks.
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Nun gut, also hatte ich kein Flugzeug mehr, war aber so oft schon auf anderen Plätzen, daß das Chartern von Vereinsmaschinen wohl auch auf die Dauer etwas teuer und lästig für die Vereinskameraden ist und außerdem wollte ich einfach den "Luxus" eines eigenen Flugzeuges nicht mehr missen. So definierte ich mir mehr oder weniger eine Anforderungsliste an mein Flugzeug. Es sollte einfach auf und abzurüsten sein, für mich als hautpsächlich Spaßflieger moderate Leistung haben (so daß man halt gut zum nächsten Platz kommen kann), sicher und einfach zu fliegen sein, einfach in der Wartung (Holz repariert sich besser als Kunstoff, finde ich, wenngleich man auch mehr Acht drauf geben muss) und vor allem: bequem! | |
So kam dann eine kleine Liste zusammen: Sf27, Ka8, Ka6, Ka18. So in der Art halt. Für einen ausgelernten Fachinformatiker durchaus erschwinglich. Die Sf27 kannte ich schon und war sehr davon begeistert, bei einer Ka8 kann man fast nichts falsch machen, die Ka6 ist die bessere Ka8 und Ka18 wär natürlich ideal.... Irgendwann hatte ich dann per Kleinanzeigen-Suche ein paar auserwählte Stücke zusammen. Eine Ka8 mit geschlossenem Hänger (nett und wichtig, sowas!) eine Ka6 und.... eine SB5. | |
SB5??? Ja.. da
kam doch tatsächlich eine E-Mail, von jemandem, der mir seine SB5 anbot. Ich
kannte den Verkäufer schon von einer Webseite, wo ich mal drüberstolperte
und dachte nur: "ach... die.. ja... hmm... naja...." Eigentlich wollte ich
die Sache wieder vergessen, aber ich dachte mehr und mehr darüber nach. Die
Mail laß sich gut, vor allem über den Zustand des Flugzeuges und der
Verkäufer schien auch halbwegs Ahnung von der Materie zu haben. So wurde mit
der Freundin eine kleine Tour geplant. Es sollte an einem WE alle drei
Flugzeuge angeschaut werden, daß Pro und Contra abgewägt werden, einen
Ausschuss gebildet, der dann erstmal einen Unterausschuss bildet, welcher
wiederum die Gremien... naja, auf jeden Fall sollte dann entschieden werden.
Aber das gab sich ganz schnell.... Vorher wurde nochmal bei allen Leuten angerufen. Die Ka8-Leute: "ach, ja.. weißt du.. wir wissen noch nicht ob wir sie verkaufen wollen, ruf nochmal in 4 Wochen an". Pustekuchen! Leute, die Saison hat angefangen, ich will fliegen. Die Ka6-Leute: "ach, ja... weißt du... die Ka6 ist erst überholt worden: kurzum... 5000€ mit offenem Hänger!" Ne, danke, dafür kriegt man auch schon Plastik... sogar mit geschlossenem Hänger! |
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Im Gegensatz dazu war man sich bei der SB5 ganz schnell einig. Am Telefon wurde schon der Preis ausgehandelt, was bei einer Tagesstrecke durchaus Sinn macht, man will ja nicht umsonst fahren, und der Erlebnisbericht des Halters hörte sich auch sehr gut an. Es wurde immer besser. Also kurzum: Es wurde ein Wochenende Zeit genommen, und nach Hamburg (also in die nähere Umgebung gefahren, zwei Super Tage bei der Akaflieg HH verbracht, der Flieger unter die Lupe genommen, probegeflogen... und mitgenommen :-))) Dies mal zur Hintergrundgeschichte.... Hatte ich am Anfang gar nicht damit gerechnet, habe ich mit diesem Flugzeug meinen Fliegertraum erfüllt. Doch dazu jetzt mehr im Detail. | |
Die Geschichte der SB5: | |
Die SB5 ist eine Konstruktion der Akaflieg Braunschweig. Sie war damals (so um den dreh 1960/1970) das Flugzeug schlechthin!!! Eine Superorchidee in Holzbauweise (was damals eben gängig war), ein Nimbus4 der Steinzeit, so teuer wie ein Einfamilienhaus, so..... na gut ich schweife ab. Fakt ist: Heute kriegt man sie hinterhergeschmissen, durch zwei Unfälle (oder mehrere), für die das Flugzeug nicht wirklich was kann, hat sie mancherorts einen schlechten Ruf, und irgendwie wird sie nicht wirklich soooo groß beachtet. Schade eigentlich, aber andererseits auch gut so. :) Denn der "Exoten-Faktor" war auch irgendwie ein Reiz bei dem Flugzeugkauf. Sie besticht vor allem durch ihr fesches V-Leitwerk. Womit wir gleich beim wichtigstem Punkt wären: |
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"Wie fliegt das
denn???"... ...ist wohl die häufigste Frage, die ich bis jetzt gehört habe. Zuerst einmal wird groß geschaut, auch mal angefasst (meistens ganz fasziniert die Ruder bewegt) und noch ungläubiger geschaut, wenn ich den Leuten dann auch erzähle WIE es fliegt: nämlich richtig GEIL!!!! (man verzeihe mir diesen Ausdruck. Bis jetzt ist das der Flieger auf dem ich mich am sichersten fühle. Es fliegt wie ein ganz "normales" (ihhh! T-Leitwerk!) Flugzeug, hat drei Achsen, um die es koordiniert mit wirklich (!) gleichzeitig, gleichsinnigen und ganz marginalen Ruderausschlägen gesteuert wird. Sie steigt wie ein Ballon, Kurbelgeschwindigkeit so um die 60, und marschiert locker/flockig mit 120. (bestes Gleiten bei 73). Sie trudelt nicht (also meine nicht.. daß solls wohl auch geben) und man sitzt einfach göttlich drin (naja.. man liegt). Ich sollte wohl erwähnen, daß es sich bei meinem Exemplar um eine SB5e handelt. Das heißt 16m Spannweite, und eine Akaflieg-vermessene (also stimmts auch ;o) Gleitzahl von 34,5. Wahrhaft offene Klasse! (naja.. damals zumindest, heute ist das Clubklasse mit Index 88). Etwas weiter verbreiteter dürfte da wohl die SB5b sein, welche "nur" 15m Spannweite hat und Gleitzahl 32. Die SB5 wurde von der Fa. Eichelsdörfer in Lizenz gebaut, sowohl komplett als auch als Bausatz. Mein Flugzeug ist ein Eigenbau, was kein Nachteil sein muss. Die Holme und Beschläge wurden von der Fa. Eichelsdörfer geliefert, sowie Pläne und die Bauausführung ist sehr sauber. Anhand der L-Akte kann man erkennen, daß das ziemliche Arbeit ist. Respekt! |
Viele Komponenten, und Ideen sind von der Ka6 geklaut. So funktioniert das Aufrüsten auch ziemlich einfach und wenn man eingespielt ist, dann auch recht flott. Fläche auf den Rumpf auflegen, mit einem kleinen Hilfsbolzen an der Nase sichern, andere Fläche auflegen, da auch den Hilfsbolzen an der Nase reinschieben, und dann die zwei Hauptbolzen reinstecken, fertig. Gesichert wird das ganze über die Kopfstütze! | |
Das Cockpit ist eine wahre Freude. Etwas eng vielleicht, aber damit habe ich wohl nicht wirklich ein Problem, könnte aber für etwas breitere Leute zu einem werden. Ein Problem ist vielleicht, daß die Füße nicht allzugroß sein dürfen (was bei mir aber der Fall ist), sonst wird es in der Nase recht eng. Wenn man aber Kabelbaum und Schläuche gut sortiert, dann kriegt man auch das in den Griff. Die Liegeposition (man liegt wirklich!) ist göttlich, als Lammfell-Freak sehr angenehm. Als kleines Schmankerl ist die TE-Düse an der Nase anzusehen, welches konstruktiv der beste Punkt für sowas an einem Flieger ist. Allerdings auch etwas "dagegenrenn-gefährdet", weshalb ich sie immer erst kurz vor dem Start montiere. Andernfalls fehlt halt das Vario ;o) Aber das Steigen merkt man in dem Flieger sowieso. |
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Die Sitzposition ist wie erwähnt sehr bequem, die Sicht ist gut, trotz der Strebe. Ein nettes Detail, sie schränkt die Sicht nicht wesentlich ein, die Steckhaube fällt dadurch kleiner und handlicher aus und der Flieger sieht auch noch etwas netter aus, finde ich. Ein sehr nettes Detail ist das Sichtfenster im Baldachin, eine Empfehlung an jeden SB5-Flieger! Es ermöglicht das bessere Beobachten anderer Flugzeuge in der Thermik und als Schmankerl kann man sich auch noch im Flug das Leitwerk anschaun. Geht allerdings sehr zu Lasten der Halswirbel ;o) |
Flugverhalten der SB5: | |
Wie weiter oben schon ersichtlich, ist das Flugverhalten absolut unkritisch. Allerdings gibt es wohl doch einiges zu beachten. So gab es in der Vergangenheit Unfälle mit SB5en, weil diese überlastet wurden. So gab es auch Anweisungen der BFU, daß man tunlichst die zulässigen Betriebsgrenzen einhalten soll. So gab es schon Unfälle an der Winde, weil der Flieger überlastet wurde. Allerdings nicht durch die Winde, sondern durch Seilrisse, wobei der Flieger ins Trudeln (?!) kam und beim Abfangen überlastet wurden. Dafür kann meiner Meinung nach das Flugzeug nichts. Nichtestotrotz haftet dem Flieger deswegen mancherorts ein negativer Touch an. Die höchstzulässige Schleppgeschwindigkeit an der Winde beträgt 100km/h. Sagt man dem Windenfahrer, er solle etwas schneller oder genauso schnell wie Ka6 schleppen, kommt man damit gut klar. Im F-Schlepp dagegen ist die maximale Schleppgeschwindigkeit 120km/h. Mit einer Remo klappt das noch ganz gut, ideal ist aber der Schlepp mit einem MoSe. Mein Flugzeug bestitz nur eine Schwerpunktkupplung, der F-Schlepp ist damit ganz problemlos. Für beide Schlepps gilt es noch einen kleinen Kniff zu beachten: Man sollte möglichst früh den Sporn (mein Fliegerechen hat sogar einen Rollsporn, was das Starten auf Asphalt sehr angenehm macht) entlasten und in die Luft bringen. Dann rollt man auf dem Hauptrad und der Flieger ist besser steuerbar, vor allem bei Seitenwind. Beim F-Schlepp kommt es mal vor, daß sie die Fläche ablegt, da muss man nur stur mit dem Querruder im Vollausschlag bleiben, und dann ist die Fläche sofort wieder da. |
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Im Fluge sind
wiegesagt, gleichzeitig/gleichsinnige Ausschläge angesagt, und ansonsten
habe ich bis jetzt noch nie Vollausschläge gebraucht. In der Thermik muss
man den Flieger einfach in die Kurve legen, alle Ruder neutral nehmen, und
warten bis man oben ist. ;o) Große Klasse! Marschieren tut sie wiegesagt ausgezeichnet, ich finde, sie fliegt genausogut wie ein Astir, nur bei höheren Geschwindigkeiten ist man wohl im Nachteil. Hier das folgende für Statistik-Fanatiker: |
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Bei der Landung gibt es nicht viel zu beachten, die doppelseitigen Schempp-Hirth Klappen tun ihr übriges. Falls es nötig sein sollte, kann man auch slippen. Das funktioniert wie bei jedem anderen Flieger auch und wie man es in der Schulung gelernt hat. Kaum zu glauben, was? ;o) | |
Fazit: | |
Was gibt es dazu
noch zu sagen, ich denke meine persönliche Meinung zu dem Flugzeug ist
mittlerweile klar geworden. Für etwas mehr Geld (wenn überhaupt! Ich habe
wohl alles in allem, diesem und jenem, so an die 4000€ bezahlt.) bekommt
man ein Holzflugzeug mit einer Leistung, die gut und gerne mit so manchem
Plastik-Flieger mithalten kann und ein absolut sicheres und traumhaftes
Flugverhalten. In jedem Fall eine Überlegung wert. Fragen, Anregungen und
Kommentare bitte an Idefix@Jungfuchs.de
:o)
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