PILATUS B4
PC 11 AF
Zum Millennium hatte ich
beschlossen auch einmal unter die „Privaten“ zu gehen. Ich war also auf der
Suche nach einem Flugzeug, das möglich vielseitig einzusetzen ist und einem
nicht finanziell an den Tropf bringt. Welches Segelflugzeug vereint also
möglichst viele Einsatzmöglichkeiten, ist noch in gutem Zustand, wartungsarm
und hebt sich etwas von den anderen schlanken, weißen Formeleins-Rennern ab? Um
hier etwas methodisch vorzugehen, erstellte ich mir eine Art persönliche
Checkliste, in der es verschiedene Punkte abzuhaken galt. Schließlich habe ich
nicht die finanziellen Möglichkeiten, wie viele Andere, ab und zu den Flieger
zu wechseln….
Schon bald viel mein Augenmerk auf eine schöne Pilatus B4 AF. Es war Liebe auf den ersten Blick! Und im April 2000 sollte ich also Halter einer Pilatus B4 PC 11 AF werden.
Den Anhänger baute ich damals
selbst, um etwas Geld zu sparen. Anfangs
war der Hänger auch für ein noch im Bau befindliches UL gedacht. Aber es blieb
dann schließlich doch nur die Behausung meiner B4. Der Planenanhänger ist
sicher nicht vergleichbar mit den durchdachten, aufbaufreundlichen
Kunststoffanhängern, jedoch so gemacht, dass man die B4 rückenfreundlich
aufbauen kann. Das ein oder andere Detail gehört noch verbessert, ab wie es so
ist……man braucht halt einfach 15 min länger! Ziehen
lässt er sich sehr gut (auch wenn man mal etwas schneller, als in der StVO
vorgeschlagen, unterwegs ist).
Am Flugplatz
angekommen, lässt sich der Blechvogel bequem, wie die Kunststoffbrüder auch,
aus dem Anhänger ziehen. Das Montieren der Flügel ist mit ein wenig Übung ein
Kinderspiel. Es sollten nur noch 2 weitere Helfer am Platz sein.
Zum einem sind die Flügel
wurzelseitig sehr schwer und zum anderen ist die Flächentiefe auch beachtlich
und dadurch der Flügel etwas unhandlich. Sehr schön gefällt mir der noch
richtige „Maschinenbau“ bei der Maschine. Die aus dem Vollen gefrästen
Holmstummel lassen sich sehr gut miteinander und mit dem Rumpf verbinden. Auch
die Bolzen flutschen in der Regel passgenau. Einzige (bekannte) Krankheit sind
die sich lösenden Buchsen in den Holmen oder am Rumpfspant. Diese muß man gelegentlich wieder mit Araldit einkleben.
Zeitaufwendiger ist das „klassische“ Verbinden des Rudergestänges. Mir ist das
System mit Bolzen und Splint aber das Liebste---da ist garantiert alles
miteinander sicher verbunden. Sind die Flügel dran und alle Bolzen gesichert,
wird der Blechbaldachin aufgesetzt und wird ebenfalls gesichert. Anschließend
wird das Canopy vorsichtig in die Scharniere
eingefädelt und die Sicherungsleine eingehängt. Nun kann ich das Fahrwerk
ausfahren und den Flieger vom Rumpfwagen schieben. Anschließend wird das
Höhenruder montiert. Auch hier wird die Ruderansteuerung per Bolzen und Splint
eingehängt. Nun noch Abkleben und alles ist startklar.
Wurde was vergessen? Ach ja die
Batterie. Diese hat ihre Halterung im Gepäckfach und ist schnell ein und
ausgebaut.
Ein gründlicher Preflight-Check
ob alles funktioniert und alle Ruder angeschlossen sind ist unbedingt wichtig!
Heutige Maschinen sind da
sicher komfortabler aufzubauen---aber man hat ja Zeit für sein Hobby. Jetzt
rollt man die B4 (bitte mit arretiertem Höhenruder) an den Start und es kann
losgehen.
Der Start ist
unproblematisch. Mein Flugzeug hat nur eine Schwerpunktkupplung, was aber
überhaupt kein Problem im Flugzeugschlepp darstellt. Beim Anschleppen bleibt
sie in der Spur---wahrscheinlich dem schweren Heck mit Spornrad zu verdanken.
Die Querruder reagieren relativ schnell nach dem Start. Das Höhenruder spricht
ebenfalls sehr gut an. Nach ca. 200m ist sie auch schon in der Luft und man
kann in gewohnter Manie dem Schlepper hinterher fliegen. Wenn sie richtig
getrimmt ist fliegt sie sauber dem Schlepper hinterher---sei es eine Remoqueur
oder ein Motorsegler. Ist die Sicherheitshöhe erreicht fahre ich das Fahrwerk
ein. So steigt sie noch mal etwas besser dem Motorflieger hinterher. Die
Schleppgeschwindigkeit liegt so bei 110-120 km/h. Nach dem Klinken wird
nachgetrimmt, so daß sie mit ca. 90km/h sauber
geradeaus fliegt.
Im Thermikflug steigt die B4
vergleichsweise wie eine Ka 6 oder ähnliches. Sie
kündigt 1m Bärte mit leichtem Blubbern an. Da darf man nicht erschrecken, denn
das ist normal, wenn das Blech der Flügel zu arbeiten beginnt. Beim Kreisen muß man lediglich mangels V-Form etwas mehr abstützen. Um
die Hochachse ist sie durch den kürzeren Rumpf auch etwas agiler, was ja auch
dem Kunstflug zugute kommt. Die Akaflieg Karlsruhe
hatte damals den Flieger vermessen und
den tatsächlichen Gleitwinkel ermittelt. Dieser liegt bei 31,5 anstelle der
angegebenen 35 vom Hersteller. Ich hatte meine Varios
und Sollfahrtgeber damals á la Reichmann Theorie geeicht und diesen Wert auch
tatsächlich an einem ruhigen Tag erflogen. Seither
rechne ich mit einer Gleitzahl von 31 und komme immer bestens hin. Es lassen
sich also durchaus schöne Dreiecke von 250-300km bewältigen. Vielleicht auch
mehr, aber dazu hatte ich noch nie so richtig die Ausdauer. 6-7h im Cockpit
reichen mir völlig---obwohl selbst ich mit 1,90m
Körperlänge sehr bequem Platz habe und dank eines dicken, weichen Kissens der
Allerwerteste auch die langen Flüge durchhält. Bei Wind auf die Nase geht sie
allerdings in den Keller---klar bei dem fetten Profil! Gleich zu Anfang machte
ich eine Außenlandung. Dabei kommen die sehr gutmütigen Flugeigenschaften und
die sehr kurzen Landestrecken zugute. Das gut gefederte Fahrwerk verzeiht auch
etwas rauere Unebenheiten und schont das Kreuz. Die Radbremse ist allerdings nicht
so wahnsinnig effektiv. Zumindest schafft man es nicht, sie auf das Rumpfboot
zu zwingen; was ja auch ganz gut ist, denn die Blechschäden sind mit Sicherheit
ziemlich teuer!
Nachdem ich durch das
„normale“ Fliegen die Maschine etwas mehr kennen gelernt habe, probiere ich nun
aus, womit sie eigentlich berühmt geworden ist: Kunstflug.
Zunächst ein leises Antasten.
Neu sind ja auch hier die „Blubbergeräusche“ des Blechs. Aber auch hier zeigt
sie sich von der gutmütigen Seite und geht anstandslos durch alle Figuren, die
so auf dem Programm stehen. Das hängt natürlich vom Können des Piloten ab.
Wahrscheinlich sehen meine Figuren eher wie Zwetchgoiden
oder Korkenzieher aus….aber auch hier: Übung macht den Meister! Zumindest habe
ich ein sicheres Gefühl, wenn ich mit der B4 turne. Irgendwie ist das alles
trotz des Alters des Fliegers eine solide Sache. Und je nach Ausführung kann
man ja auch fast alles machen. Natürlich sollte das Programm immer auf das
Können des Piloten und den jeweiligen Flugzeugtyp zugeschnitten sein.
Total unproblematisch, um es
kurz zu machen. Die großen Landeklappen stabilisieren den Flieger im Anflug
gut. Auch ist dadurch ein sehr steiler Anflug, ohne dass man Angst haben muß, die Fahrt nachher nicht mehr abbauen zu können,
möglich. Das zeigt sich wiederum sehr vorteilhaft bei Außenlandungen auf etwas
kleineren Wiesen. Man sollte vielleicht eher eine „Lufthansalandung“ versuchen,
da klassische Segelfluglandungen doch sehr auf die Struktur gehen: das T-Leitwerk
hat eine stattliche Höhe. Da werden sicher einige Kräfte während des
Landevorgangs auf das Rumpfheck übertragen. Gut, die „AF“ ist verstärkt,
trotzdem hat sie einen sehr schweren Hintern.
Slippen habe ich mal probiert. Dabei lässt sie sich aber
schlecht in der Richtung halten. Der Seitengleitflug ist auch nicht notwendig,
denn wenn man die Scheunentore ganz ausfährt geht es mehr als genug runter.
Angenehm dabei ist, dass sich der Gleitwinkel und die Geschwindigkeit mit dem
Ausfahren der Klappen einstellen.
Die Pilatus B4 ist ein
schönes Segelflugzeug der Clubklasse mit akzeptablen Flugleistungen und sehr
gutmütigen Flugeigenschaften. Ein echter Allrounder für Leute, die auch mal
Spaß daran haben „up side down“ zu fliegen! Durch die
Ganzmetallbauart ist sie auch recht wartungsarm und kann ohne Sorge auch mal
draußen stehen bleiben: vielleicht gibt es ja noch mal Gelegenheit meinen Traum
des reinen Wandersegelflugs zu verwirklichen. Falls also noch mehr Blech-oder Clubklasseflieger auf diese Idee kommen, schickt
einfach eine e-mail
an: ketwings@gmx.net
Leider wird es zunehmend
schwieriger hilfsbereite Segelflieger auf den Flugplätzen anzutreffen. Somit
ist man manchmal beim Auf-und Abrüsten auf sich gestellt. Und die alten Flieger
sind diesbezüglich aufwendiger! Aber das ist wohl der Zahn der Zeit….
Wer also nicht der absolute
Streckenflieger ist und sich ein paar schöne Flugstunden im Jahr gönnt, der ist
sehr gut beraten mit dieser Maschine. Eine Steigerung wäre nur noch, dass der
Flieger von selbst in die Luft kommt---aber da gibt es ja auch andere
Konstruktionen, die für mich in nächster Zeit wohl noch unerschwinglich bleiben
werden.
Olaf Ketelsen