Test der
Glasflügel Club-Libelle
von Christoph Barniske
Nach etwa 300 Stunden auf
der Club-Libelle meines Vereins, des Aeroclub Stendal, möchte ich einmal meinen Senf zu
einem der legendären Glasflügel-Flugzeuge beisteuern. Die D-2471 ist die 117.
Club-Libelle, Baujahr 1975, und befindet sich seit 1999 im Vereinsbesitz.
Spätere Club-Libellen wurden am Fahrwerk modifiziert (kleinerer Anstellwinkel
beim Start), haben kürzere Bremsklappen und einen geänderten Haubenaufsteller.
Also kann es hier und da Unterschiede zwischen den Flugzeugen geben, durch die
Fahrwerksmodifikation dürfte sich speziell das Startverhalten verbessert haben.
Ich fliege die Libelle mit dem Schwerpunkt im hinteren Drittel.
Entwicklung: |
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Die Club-Libelle wurde von Glasflügel Mitte der 70er Jahre als Flugzeug für die neu eingeführte Clubklasse entwickelt. Ziel war es, ein für Vereine erschwingliches und geeignetes Flugzeug zu bauen, mit dem man auch auf Strecke gut unterwegs ist. Es wurde der Flügel eines Wettbewerbsflugzeugs mit einem „vereinstauglichen“ Rumpf mit Klapphaube und festem Fahrwerk kombiniert. 1974 bis 1976 wurden mehr als 170 Club-Libellen verkauft. Damit zählt sie zu den erfolgreicheren Modellen dieser Klasse, während die Stückzahlen anderer gleich alter Club-Klasse Segler eher gering blieben. Historisch liegt sie zwischen der Standard-Libelle und der Hornet, wobei sie mit beiden Mustern technisch vieles gemeinsam hat. Aber während sich die Standard-Libelle eines guten Rufs als steigfreudiger Flieger erfreut und die Kestrel durch die Alpenflüge berühmter Piloten auf sich aufmerksam machte, führt die Club-Libelle ein Schattendasein in der Reihe der berühmten Glasflügel-Segelflugzeuge. Durch vermeintlich schwierige Starteigenschaften hat sie in der Segelfliegerwelt keinen guten Ruf. Man hörte von dem einen oder anderen Unfall, der angeblich darauf zurück zu führen ist. Vielleicht hilft der Bericht, da etwas für Klarheit zu sorgen (mehr dazu unter „Fliegen“). |
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Aufbau und Wartung: |
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Wie bei Glasflügel üblich, wurde das komplette Flugzeug in GfK gebaut, abgesehen von den Beschläge und Antrieben. Die Club-Libelle übernahm dabei vieles von ihren Vorgängerinnen. Flügel, T-Leitwerk und Teile des Rumpfes stammen von der Glasflügel 203, einer Weiterentwicklung der Standard-Libelle und Vorläuferin der Hornet. Der Rumpf hat jedoch ein feststehendes, mit einer Gasfeder versehenes Rad (4.00 x 4), das von einer Tost-Trommelbremse gebremst wird. Da die Club-Libelle ein Schulterdecker ist, fällt der Rumpf etwas höher aus, so dass es in niedrigen Anhängern Platzprobleme geben kann. Ausmessen erspart hier die Kratzer in der Haube. Die kleiner einteilige Haube ist nicht eingestrakt, dafür aber klappbar. Der Flügel entspricht in Profil und Abmessungen dem der Standard-Libelle mit 15 Metern Spannweite, Zunge-Gabel-Verbindung mit zentralem Sicherungsbolzen und automatischen Ruderanschlüssen für Bremsklappen und Querruder. Das Profil ist dasselbe wie bei Standard-Libelle und Hornet. Im Holm wird Balsaholz als Stützstoff eingesetzt. Anstelle der Schempp-Hirth-Bremsen der Standard-Libelle wurden Hinterkantendrehbremsklappen eingebaut, die dann auch von der Hornet übernommen wurden. War die Standard-Libelle mit einem Leergewicht um die 200 Kilogramm noch ein Leichtgewicht, so wurde die Club-Libelle etwas schwerer. Wegen der geringen Flügelfläche (9,8 Quadratmeter) ist daher die minimale Flächenbelastung mit etwa 30 kg / m² recht hoch für einen Clubklasseflieger dieses Alters. Unser Vereinsflieger bringt leer 232 Kilogramm auf die Waage, was immer noch deutlich niedriger als bei moderneren GFK-Seglern ist. Die Flügel sind mit etwa 60 Kilogramm angenehm zu tragen und mit 350 Kilogramm Maximalgewicht braucht man sich um die Zuladung keine Sorgen zu machen (110 Kilogramm im Cockpit). Übernommen wurden die vielen Details, die Glasflügel-Flugzeuge von anderen gleich alten Mustern abheben. Neben den automatischen Ruderanschlüsse wären da die ausgefeilte Parallelogrammsteuerung mit der praktischen Schnelltrimmung am Steuerknüppel, im Flug verstellbare Pedale und Sitzschale und das serienmäßige Spornrad (210 x 65). |
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Vieles,
was damals neu war, findet sich auch in heutigen Konstruktionen. Die Hänle-Tüten (automatische Ruderanschlüsse) findet man
auch bei anderen Herstellern, bei Schempp-Hirth
setzt man auch heute noch auf den praktischen Glasflügel-Leitwerksanschluss.
Serienmäßig wurde die Club-Libelle mit Bug- und Schwerpunktkupplung
ausgestattet. In der Bugkupplung befindet sich ebenfalls die
Staudruckabnahme, der statische Druck wird an vier Punkten am
Leitwerksträger, etwa 1,5m vor dem Leitwerk abgenommen und an der
Seitenflosse befindet sich die Aufnahme für die Kompensationsdüse. Die
Abnahme des statischen Drucks am Leitwerksträger sorgt für eine recht genaue
Fahrtanzeige mit geringen Abweichungen. Im Jahr 2003 erschien eine LTA für den Seitenruderlenker, ansonsten gab es nur wenige dringliche LTAs und TMs. Beim Musterbetreuer Hansjörg Streifeneder (www.streifly.de) gibt es eine aktuelle Übersicht über sämtliche Glasflügel-TMs. |
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Cockpit und Ergonomie |
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Beim Einstieg ins Cockpit fällt der kleine Haubenausschnitt auf, Piloten mit langen Beinen wird ein gewisses akrobatisches Geschick abverlangt. Hat man Pedale und Sitzschale richtig eingestellt, sitzt man recht bequem, hilfreich ist eine Stütze für die Lendenwirbel, beispielsweise in Form eines kleinen Kissens. Flüge über sieben Stunden sind so kein Problem, Proviant, Karten und Wasser bekommt man auf den Ablagen neben der Sitzlehne oder dahinter unter. Mit meinen 185cm (75 kg ohne Schirm) sitze ich sehr angenehm. Sitzriesen haben es etwas schwerer. |
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Alle
Bedienelemente und das Instrumentenbrett lassen sich gut und
verwechslungssicher erreichen. Die Lüftung ist für alle Fälle ausreichend
bemessen, vorausgesetzt der Bereich um das Staurohr in der Bugkupplung ist
frei. Trotz der Mylarabdichtungen ist die sehr
geringe Reibung in allen Rudern auffällig. Ich bin bisher kein Flugzeug
geflogen, das ähnlich niedrige Ruderkräfte hat. Die Club-Libelle lässt sich
sehr entspannt mit zwei Fingern fliegen. Die Handkräfte beim Bedienen der
Klappen sind angenehm niedrig, das Ausfahren geht ohne Ruck vonstatten, da
keine Verknieung überwunden werden muss. |
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Da die
Knie unter dem großen Instrumentenbrett liegen, dürfte ein Notausstieg ein Problem
werden. Schon beim normalen Aussteigen liegt es im Weg. Im Frühjahr sollte
man auf warme Socken und Pinkelutensilien nicht verzichten, man friert
schnell an den Füßen. Durch die kleine Haube ist die Sicht nach vorne nicht
sehr gut. |
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Fliegen |
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Start: |
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Landung: |
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Vorab ein kleiner Tipp für den Startcheck: Beim
Einstellen der Pedale rasten diese nicht immer richtig ein. Dadurch können sie
beim Anschleppen nach hinten rutschen, was gerade beim Windenstart nicht
angenehm ist. |
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Durch ihre besonderen Landeklappen unterscheidet sich die Club-Libelle von ihren gleich alten Artgenossen. Mit ein wenig Übung lassen sich mit ihr präzise, kurze und langsame Landungen hinlegen. Der Slip ist sehr einfach zu fliegen, stabil und wirkungsvoll. Dank der großen Klappen braucht man ihn jedoch normalerweise nicht. Überschüssige Höhe kann man problemlos wegdrücken. Bei voll gezogenen Klappen beträgt die Sturzflugendgeschwindigkeit etwa 160 km/h, dann geht's aber auch senkrecht gen Boden - das bietet kaum ein anderes Clubklasseflugzeug. Das System hat aber auch seine Tücken: Die Klappen sollten in den letzten Metern nicht mehr eingefahren werden, da durch ihre auftriebserhöhende Wirkung |
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das
Flugzeug ansonsten durchsacken kann. Sie wirken also beim Ausschweben
umgekehrt wie Schempp-Hirth-Klappen. Diese
Eigenschaft lässt sich bei sehr kurzen Äckern auch nutzen, um die Landestrecke
zu verkürzen. Unmittelbar vor dem Aufsetzen sollten die Klappen normalerweise
langsam bis zum Anschlag ausgefahren werden. Vor dem Abfangen sollte die
Fahrt stimmen (je nach Bedingungen 80-95km/h), ansonsten schwebt die
Club-Libelle lange aus. Voll gefahrene Klappen erfordern gutes Timing beim
Abfangen. Bei richtig eingestellter Radbremse reicht die Bremswirkung aus um
den Sporn anzuheben. Die Federung schont beim Ausrollen den Rücken. Da man
den Flieger durch Klappenziehen nicht an den Boden zwingen kann, sind
Ziellandungen nicht ganz einfach und erfordern etwas Übung. |
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Im Flug: |
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Leistungen: |
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Ich habe etwas Zeit
gebraucht, um fliegerisch mit der Club-Libelle warm zu werden. Die
Ruderabstimmung ist gut gelungen, wenn auch nicht so schön wie beispielsweise
bei einer LS-4. Dennoch habe ich mich am Anfang etwas schwer getan, da die
Libelle eine ruhige Hand am Knüppel braucht und durch die niedrigen
Ruderkräfte die richtige Ruderdosierung nicht einfach zu erfliegen
ist. Die Querruder wirken im unteren Geschwindigkeitsbereich nicht sehr gut,
erzeugen aber auch nur ein geringes negatives Wendemoment, so dass nur wenig
Seitenruder erforderlich ist. Umgekehrt kann man flache Kurven auch nur mit
dem Seitenruder gut fliegen, da es ein ausreichendes Rollmoment erzeugt.
Insgesamt ist die Libelle trotz der leichten Ruder beim Kurbeln nicht sehr
wendig. Interessanterweise lässt sich das durch Entriegeln
der Bremsklappen ein wenig verbessern. Sie wölben dann um etwa 2-3° positiv,
die Handkräfte steigen im Querruder leicht an, und das Flugzeug liegt etwas
stabiler im Kreis. Die Sinkgeschwindigkeit nimmt dabei nicht zu. Das
Höhenruder spricht sehr gut an und auch die Längsstabilität ist gut. Es fällt
nicht schwer, die Fahrt zu halten. Die Libelle lässt sich von 75 bis 160km/h
austrimmen. Die praktische Trimmung stellt gegenüber den Konkurrenzmustern
eine klare Verbesserung dar. |
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Ich bin
immer wieder überrascht, wie gut sich mit diesem 30 Jahre alten Flugzeug, das
noch nicht einmal ein Einziehfahrwerk hat, Strecke fliegen lässt. Ich konnte
schon viele schöne Flüge mit der Club-Libelle erleben, darunter mehrere
500er. Ihre Stärken hat sie vor allem beim Kurbeln in der Thermik. Trotz der
relativ hohen Flächenbelastung steigt sie ausgezeichnet. Ich fliege meist mit
32-33kg/m², dennoch gelingt es mir oft, neueren Clubklasseseglern wegzusteigen. Auch eine ASW-20 hat bei gleicher
Flächenbelastung trotz der Wölbklappen keinen Vorteil. Ist der Bart ruhig,
kann man die Fahrt auf unter 80km/h wegziehen. Wenn man im Geradeausflug
Steigen mitnehmen will, geht es noch langsamer, dann steigt die Libelle wie
ein Ballon. Man braucht für effektives Kurbeln ein wenig Übung, da sie bei
unruhiger Luft etwas nervös reagiert und dazu animiert, häufig zu korrigieren
(was jedoch meist nicht nötig ist). Böen übertragen sich im Querruder nicht
auf den Knüppel, was ich als angenehm empfinde. Durch die
Parallelogrammsteuerung besteht kaum Gefahr, beim dynamischen Fahrtwegziehen
im Bart zu übersteuern. Beim
Vorfliegen spürt man trotz des festen Fahrwerks bis etwa 130 km/h keinen
Nachteil gegenüber LS-1, ASW-15 oder DG-100. Darüber verliert man jedoch, was
bei gutem Wetter ein Nachteil ist. Das beste Gleiten dürfte bei etwa 35
liegen (90km/h). Bei höheren Geschwindigkeiten liegt die Libelle gut in der
Strömung und fliegt sehr richtungsstabil. Die Flügel sind nicht zu steif, so
dass man auch mal Böen durchfliegen kann, ohne sich den Kopf zu stoßen. Auch
der Geräuschpegel ist sehr angenehm. Bis etwa 150 km/h, dass entspricht etwa
2 m/s Eigensinken, kann man gut vorfliegen, darüber
beginnt der Vorsichtsbereich und das Sinken wird schnell größer. Vorteile hat
die Libelle auch bei Mückenbefall, ihr Profil ist nicht sehr empfindlich. Bei
Regen sollte man mit mindestens 90km/h fliegen, da sich sonst Ablöseerscheinungen durch feines Vibrieren im Knüppel
zeigen. Mit nassen Flächen nimmt die Sinkgeschwindigkeit stark zu. Im Wettbewerb hat man bei schwachen Wetterlagen durch den guten Index (96) Vorteile, da man selten im hohen Geschwindigkeitsbereich fliegt. |
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Fazit: |
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Im Preisbereich
der Club-Libelle haben alle Muster ihre Eigenheiten. Standard Cirrus und LS-1D haben ein Pendelruder, was im
Windenstart Probleme machen kann, auch die Klappenwirkung ist nicht sehr gut.
Die ASW-15 (A) ist in der Zuladung oft beschränkt und der Astir
hat keinen besonders guten Ruf (warum auch immer). Andere Exoten, wie Diamant
oder Elfe sind oft Schwergewichte und daher nur beschränkt alltagstauglich. |
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Und die
Glasflügel-Bauqualität ist fast schon sprichwörtlich. Wer mit der
leichtgängigen Steuerung klarkommt und sich an den technischen Details
erfreut, ist hier gut bedient. Das Startverhalten stellt mit etwas Übung kein
großes Problem dar und in allen anderen Belangen ist die Club-Libelle ein
gutmütiges Flugzeug. Die späteren Libellen mit modifiziertem Fahrwerk sollten
hier auch etwas einfacher zu handhaben sein, möglicherweise wird das Flugzeug
dadurch auch schulungstauglicher. Durch die umfangreichen Tuningmöglichkeiten
(Winglets, Fahrwerkverkleidung) lässt sie sich leistungsmäßig
sicher noch etwas verbessern, sie fällt aber auch so kaum hinter den
Index-98-Fliegern, wie der Standard-Libelle oder dem Cirrus
zurück. Und auch für's reine Lustfliegen oder den Online-Contest ist man mit der Club-Libelle gut
unterwegs. |
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Links: |
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Weitere
Infos zur Club-Libelle findet man unter: http://www.d-3777.de (Homepage der
Club-Libelle D-3777) http://libelle.bugwiper.com (Libellen
Fanseite) http://www.streifly.de (Website des
Musterbetreuers) http://groups.yahoo.com/group/libellesailplanes/
(Yahoo Group für Glasflügel-Libellen aller Art) |
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