Nach dem PPL-C bekam ich im Frühjahr 2002 sofort die Gelegenheit eine Einweisung auf dem eigenstartfähigen Segelflugzeug „B&F FK9 Mark3 Utility“ zu machen – das Gerät war gerade von unserer Segelfluggruppe im Verein angeschafft worden und wurde von den Motorfliegern wegen der äußerlichen Ähnlichkeit mit einer Cessna argwöhnisch beäugt – aber wie immer im Leben darf man sich eben nie von Äußerlichkeiten ablenken lassen.
„Das ist aber schon ein hässliches Segelflugzeug“, dachte ich mir. Ein Schulterdecker, sehr geringe (9,70 m) Spannweite, um mit nur 280kg Leergewicht eine brauchbare Flächenbelastung zu erzielen, bestes Gleiten 120 km/h, man sitzt side-by-side… „Fliegt wie ne Ka8, mach Dir keine Sorgen“ sagte mein Segelfluglehrer – und ich vertraute ihm – Nur diesem Segler traute ich von Anfang an nicht. Zu unrecht.
Bald darauf bekam ich eine Einweisung. Zu meinem Erstaunen versuchten mich alle Lehrer zu überzeugen, dieses seltsame Fluggerät ständig mit laufender Heimkehrhilfe zu fliegen, die – wie bei allen Eigenstartern – extrem laut ist, so dass man es nur mit Kopfhörern aushält.
Und dann der Eigenstart – wie eine Winde geht es mit >7m/s doppelsitzig in den Himmel, bei 120 km/h.
Nach einer Stunde in diesem seltsamen Gerät war ich völlig verwirrt. Ein Motorfluglehrer des Vereins jedoch löste durch seine Lektion jedoch bei mir die Initialzündung aus: Er schaltete den Motor ab – und tatsächlich – das Gerät flog exakt wie eine Ka8b mit 50% ausgefahrenen Landeklappen. So begann ich mich in dem Flugzeug Wohlzufühlen. Kreidebleich schaltete der Lehrer nun die Heimkehrhilfe im Queranflug zur Grasbahn aus mir völlig unverständlichen Gründen wieder an.
Nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, nun eine eigenstartfähige Ka8b mit Knopfdruck-Windenstart zu fliegen, bereitete mir die weitere Einweisung keinerlei Probleme mehr. Mit den mir unvergesslichen Worten: „Wenn Du ein Problem hast mit dem Flugzeug, schalt einfach den Motor aus!“ schickte mich der mich einweisende Segelfluglehrer alleine los.
So flog ich nun 5h Flugzeit zusammen (Man hatte mir gesagt, dass man diese Zeit bräuchte, um diese Art von eigenstartfähigen Segelflugzeugen eigenverantwortlich fliegen zu dürfen), gab mein Passbild ab, füllte einen Zettel Multiple-Choice-Fragen darüber aus, wie man seinen Sprengstoff im Kofferraum (max. 50 kg!) lagert und erhielt einen lustigen Brief vom Luftsportgerätebüro des DAeC, den ich nicht weiter beachtete.
Interessant in der Praxis ist auch, dass die FK9 keine Störklappen hat, aber dennoch, wie ein Rennklasseflugzeug, über Wölbklappen verfügt. Die Steuerung ist etwas merkwürdig. Unter 80km/h wird die Steuerung recht „schwabbelig“, bei höheren Geschwindigkeiten ist sie sehr präzise, auch wenn man große Ruderausschläge benötigt (also richtig rühren muss). Die Querruderwirkung um die Längsachse ist jedoch immer, wie bei allen Segelflugzeugen, etwas träge.
Dieses Segelflugzeug hat einige unschlagbare Vorzüge: Man benötigt keine Startcrew, keine Seile, keinen Startleiter, keinen Lepofahrer – und wohl auch gar keinen richtigen Flugplatz, da 100m einigermaßen gerade Landschaft sowohl zum Starten als auch Landen eigentlich genug sein müssten. Auch der Preis im Flug ist in unserem Verein unübertroffen. Der Segelflug mit diesem Fluggerät ist – im Gegensatz zu allen anderen Flugzeugen, selbst der Ka8b – völlig kostenlos!
Der Nachteil liegt an der geringen Spannweite und der schlechten Aerodynamik. Ein Eigensinken von 2,5m/s beim besten Gleiten – da hatte ich für ein CFK-Stahlrohrflugzeug der angeblich „dritten Generation“ schon mehr erwartet. Aber das Sinken wird umso schlimmer, je mehr man die Geschwindigkeit erhöht, sogar Umwölben verschlechtert das Gleiten erheblich. 5 m/s sind problemlos möglich, und das bei nur 180 km/h! Als Pilot verzweifelt man dabei. Nur an den besten Tagen des Jahres waren ausgedehnte Thermikflüge möglich, und auch fliegerisch versierte Fluggäste (andere Segelflieger) erschrecken eindeutig über die Segelfähigkeiten nach abschalten des Motors. Fragen wie „Muss der nicht an bleiben?“ oder ähnliches sind an der Tagesordnung, aber inzwischen ignoriere ich die Dummheit meiner Fluggäste und antworte stets „Des passt scho!“.
Der Eigenstart ist recht teuer. Pro Minute Motordrehzahl berechnet der Verein ungeheure 1E! Aber was tut man nicht alles, um auch im Winter noch ordentlich Segelfliegen zu können…
Gerade die Motorflieger im Verein glaubten einerseits fest, es bei der FK9 mit einem Motorflugzeug zu tun zu haben, aber irgendwie dann doch nicht, fanden aber schnell sie selbst beruhigende Worte, wie das Flugzeug einzuordnen sei. Gebräuchlich waren vor allem die Worte „Mickymausklasse“ (Wohl wegen dem M nach dem D- im Kennzeichen) oder „Putzlappen“ oder „Kackstuhl“ - und im Luftraum wurde einem nicht so freundlich begegnet, wie mit der Ka8b – Sätze wie „Mach dich aus dem Endanflug, Uhh-Ell – ich habe Vorflugrecht!“, „Weg mit dir auf die Dreckpiste!“ oder „Hau ab endlich, ich bin schneller.“ Markieren nur die Spitze des Eisbergs. Auch musste ich mich, wenn kein Segelflugbetrieb war, bei der seltsamen „Info“ Frequenz melden, wo wohl „Flugleiter“ sitzen, die wohl alles dürfen, außer tatsächlich „Flüge zu leiten“ – aber Zitronenfalter falten ja auch keine Zitronen.
Motorflieger sind drollige Menschen. Sie rollen sinnfrei an eine gestrichelte Linie, lassen den Motor dreimal aufheulen und erzählen dann den „Flugleitern“ (die keine Flüge leiten dürfen), dass sie fliegen wollen, worauf die Flugleiter ihnen irgendetwas vom Wind (!) erzählen, erst dann fliegen sie.
Ich tat genauso, nur dass ich – clever als Segelflieger, wie ich nun mal bin – das Verfahren abkürzte, und sprach „Abflugbereit am Rollhalt 26, rolle auf und starte“ – worauf ich die wütende Antwort erhielt: „Sie bleiben an der Linie stehen bis ich ihnen den Wind gesagt habe!“. Hier gibt es wohl immer zahlreiche Missverständnisse, auch unter den Motorfliegern untereinander.
Gerade auf Überlandflügen wird man allerdings mit diesem Flugzeug nicht ernst genommen. Zielanflüge auf fremde Plätze scheitern stets an sinnfreien Anweisungen der Flugleiter, die wollen, dass man ihre Plätze in sinnlosen, großen, tiefen Kreisen umfliegt die selbst schon außerhalb des Gleitbereiches sind. Man trifft auf zu viele „Flugleiter“, auch auf solche, die Flüge leiten wollen, und alle fühlen sich für einen verantwortlich.
Und auf fremden Plätzen wird man von den dort ansässigen Segelfliegern größtenteils ignoriert und z. T. von den dort ansässigen Motorfliegern richtig mies behandelt.
Nach einem nur 23,4 nm langem Überlandflug wurde ich auf einem benachbarten Platz nach dem obligatorischen Tiefflug mit angeschalteter Heimkehrhilfe aufgefordert, mein Fluggerät abzustellen und über Nacht stehen zu lassen.
Wie war das möglich? Nun die Zeitumstellung im Herbst hatte verhindert, dass ich meine Uhr korrekt eingestellt hatte – und ich wähnte den Sonnenuntergang noch 1:12 min entfernt… tatsächlich war er nur 12 min entfernt. Vor der FK9, meinem Mitflieger und mir baute sich nach der Landung nun also ein kleiner, fetter Mann mit Glatze auf, der aus dem Turm gerannt war, zeigte mit knallrotem Kopf auf uns und schrie: „Ihr zwei da, raus!“. Er erklärte uns, das unser Rückflug „Stroobs“(?) erfordern würde, die Sonne gleich untergehen würde, und wir hier keinen Hallenplatz kriegen könnten – was aufgrund der Orkanwarnung für die kommende Nacht uns einige Bedenken aufzwang. Nach 30 Minuten ignoriert-werdens, und bei einsetzender Dunkelheit zeigte uns ein netter Mensch einen Hallenplatz, worauf ca. 20s später der kleine dicke Mann erschien, den uns den Platz zeigenden ausschimpfte und sich auch von dessen Argument, das das dort üblicherweise stehende Flugzeug für drei Wochen in Spanien sei nicht überzeugen lassen wollte, uns einen Hallenplatz zukommen zu lassen, was dann allerdings doch klappte…
Auch wenn es keinem von uns zunächst auffiel hat das Segelflugzeug hinten einen Haken, in das man ein F-Schleppseil einhängen kann. Da Segel- und Thermikflüge (s. o.) sowie das Verhalten der anderen Vereinsmitglieder bzw. Menschen an anderen Flugplätzen einem in diesem Gerät gegenüber nicht gerade Spaß machen, nutzen wir das Gerät nun als Schleppflugzeug für andere, besser gebaute Segelflugzeuge. Hier ist es erstaunlich gut, viel besser als die alte Morane, die wir hatten und noch besser als ihr Nachfolger, die Maule MXT07. Für Segelflüge benutze ich dieses Fluggerät kaum noch. Erstaunlicherweise steigt die FK9 mit Segler hintendran bei eingeschaltetem Motor besser als manches Motorflugzeug und weit besser als die anderen Eigenstarter am Platz. 2-3m/s integriert ohne Thermik sind Standard, egal mit welchem Segelflugzeug hintendran (bis ASH 25 bei uns getestet).
Auch wenn von der Nutzung als Segelflugzeug abzuraten ist, ist die FK9 Mk3 Utility eine wunderschöne Ergänzung des Flugzeugparks für alle Segelflieger. Ihre Schleppeigenschaften sind hervorragend, ihr Handling für Segelflieger extrem einfach. Für das über-den-Winter kommen und für kleinere Gastflüge, sowie Flüge über (!) die Basis ist dieses Fluggerät ebenfalls hervorragend. Als Schleppflugzeug ist sie unschlagbar, sofern man über eine etwas längere Startstrecke für den F-Schlepp verfügt und keine Kastenschlepps macht.
Inzwischen soll wohl der Gesetzgeber der Meinung sein, dass die FK9 kein Segelflugzeug ist, und erwartet nun 15 Stunden Einweisung, eine theoretische und eine praktische Prüfung. Ich kann das alles irgendwie nicht nachvollziehen.