DG-200

Eigenes Segelflugzeug

Ein eigenes Flugzeug sollte es sein. Schnell kristallisierte sich die erste Generation Rennklasse als gutes Preis-Leistungsverhältnis heraus. Der günstige Preis ist wahrscheinlich Resultat der eingeschränkten Nachfrage. Bei Wettbewerben könnte man nur bei der Rennklasse mitfliegen, da hat man gegen aktuelle Modelle keine Chance. Wegen der Wölbklappen ist die Nachfrage von Vereinen auch nur gering. Seit 2010 verlangt DG-Flugzeugbau für die Musterbetreuung älterer DG oder LS Flugzeuge einen jährlichen Beitrag. Das hat sich sicher zusätzlich negativ auf die Nachfrage der betroffenen Modelle ausgewirkt, war aber nach meiner Kaufentscheidung.

Es wurde eine DG200 mit 15m Spannweite. Alle anderen waren in gruseligem Lackzustand oder neu lackiert und entsprechend teuer. Dazu kam, dass ich ein gedämpftes Höhenruder und ein Spornrad wollte.

Meine Erfahrungen aus fünf Jahren und fast 400 Flugstunden (und gefühlt ebenso vielen Werkstattstunden) würde ich hier gerne teilen. Diese sind eventuell auch in ähnlichen Fällen nützlich.

Detailinformationen zur Historie der DG 200 und der modellgepflegten Version 202 können auf dieser Website nachgelesen werden: www.dg200.co.uk.

Meine 200

Meine DG-200 hat noch den ersten Lack von 1979 und die ursprüngliche geteilte Haube. Letzteres wurde aus Gründen der längeren laminaren Strömung bei vielen Typen in der Zeit gemacht und bei der zur Leistungsvermessung dienenden ‚heiligen‘ DG-300/17 der DLR wieder aufgegriffen.

Ich habe bei meiner selbst eine Bugkupplung nachgerüstet (unter Aufsicht), keine leichte Sache bei der geteilten Haube und  m. E.  auch unnötig kompliziert. Um die Kupplung wieder demontieren zu können muss seitlich eine Wanne eingeharzt werden. 10mm Löcher in der Seitenwand unter dem Pilz für die Befestigungsschrauben, die alle Jubeljahre heraus müssen, würden es auch tun und den Arbeitsaufwand auf ein Drittel reduzieren.

Auf- und Abbauen

Der Aufbau ist dank der relativ leichten Flügel einfach und geht schnell vonstatten. Die Querruder und Bremsklappen müssen manuell verbunden werden - bei mir mit Wedekindsicherungen, das Fummeln mit Sicherungsnadeln entfällt so. Wölbklappen verbinden sich automatisch. Kritischer ist das Abrüsten, da die Flügel den Schwerpunkt weit hinter dem Holm haben und hinten herunter kippen, wenn sie von den Querkraftbolzen gezogen werden. Wegen der durchgehenden Wölbklappen, kann man den Flügel auch nur schlecht halten. Das wäre nicht schlimm, wenn nicht die ganze Last auf den Steuerstangen zu liegen käme, die dann gerne knicken. Vorbesitzer meiner DG hatten das schon geschafft. Durch die Reparatur ist die Wandstärke der Stangen verdoppelt und sie sind nun wesentlich belastbarer. Es braucht trotzdem unbedingt beim Abrüsten einen dritten Mann an der Endleiste, der weiß, was ihn erwartet oder eine Ein-Mann-Aufrüsthilfe. Ich habe mir so eine gebaut, damit ist Auf-und Abrüsten ein Kinderspiel.

Starten, Fliegen, Landen

Beim Starten profitiert die DG-200 von ihrem hohen Fahrwerk, das schon im Stand einen hohen Anstellwinkel der Tragflächen ermöglicht. Das Handbuch sieht zum Anrollen die Neutralstellung der Wölbklappen und Wölben auf 4 Grad bei Erreichen der Abhebegeschwindigkeit vor. F-Schlepp kenne ich nur mit Bugkupplung, das ist vollkommen entspannt. Die Fahrwerkbedienung geht mit links, Einfahren im Start somit überhaupt kein Problem.

Die Steuereigenschaften sind zugegebenermaßen nicht auf LS4 Niveau - man muss beim Kurbeln schon etwas mit dem Faden kämpfen- durch die Überlagerung der Querruder auf die Wölbklappen ist sie aber recht wendig.

Zunächst war ich sowohl über die Steuereigenschaften als auch über die Flugleistungen recht enttäuscht. Genial ist aber natürlich die Beschleunigung durch positives Wölben.

Ich habe anfänglich fast nie, auch auf längeren Flügen mit guten Bedingungen, eine durchschnittliche Gleitzahl (GZ) von 40 erreichen können (nach SeeYou Auswertung). Konstante Fahrt beim Kurbeln war mir nicht möglich. Da musste mehr gehen. Ich hatte mir mit der Bugkupplung auch ein ziemliches Ei gelegt, der Schwerpunkt (SP) war durch das Zusatzgewicht ganz an der vorderen Bezugsebene. Der zum Ausgleich notwendige hohe Anstellwinkel führte beim Kreisen wohl zu partiellen Strömungsabrissen und ich pumpte dann so durch die Thermik. Also gab es zunächst zwei Maßnahmen: Messingspornrad von 4kg für die DG und eine strenge Diät für den Piloten. Durch das Spornrad ist der SP jetzt 4 mm vor der hinteren Bezugsebene und die 5 kg weniger ‚Nutzlast‘ tun ihr Übriges. Kurbeln mit konstanter Fahrt war jetzt möglich. Das war aber erst der Anfang.

Auf den Flächen zeichnete sich deutlich das Gewebemuster ab und an der Nasenleiste waren unregelmäßige Vertiefungen durch das Zusammenmumpen der Flügelschalen entstanden. Das beides und die harten Übergänge am Kennzeichen habe ich in einwöchiger Knochenarbeit mit 2000er Schleifpapier weitestgehend weggeschliffen und nachträglich poliert und geschwabbelt. Zusätzlich habe ich noch die Wölbklappen und Querruder auch oben mit Spaltabdeckband versehen (der Musterbetreuer hatte davon abgeraten, würde nichts bringen), die Steueranschlüsse an der Wurzelrippe abgedichtet und ‚winglets‘ gebaut (sind mehr außen angebrachte Querruderspaltabdeckungen). Seitdem hatte ich keinen Flug mehr unter GZ 42, sondern regelmäßig so um die 50 (siehe Anhang). An sehr guten Tagen – sowohl auf das Wetter bezogen (viele Wolkenstraßen), als auch auf die Pilotenform – sind es auch schon mal über 60. Gleitstrecken von über 100 km sind durchaus machbar. Daran war vorher überhaupt nicht zu denken.

Die GZ-Werte sind natürlich nicht die Gleitleistung in ruhigem Wetter, sondern durch gezieltes Gleiten durch Aufwind positiv beeinflusste Werte. Ich schätze, dass die beste GZ jetzt nah bei den Herstellerangaben von 42 liegt – eventuell sogar darüber, da der Hersteller wahrscheinlich ohne oberes Abdeckband gerechnet oder gemessen hat - und vorher vielleicht 35 war. Für streng wissenschaftliche Versuchsreihen hatte ich keine Kapazität. Die positiven Aspekte kann ich daher nicht einzeln evaluieren, geschadet hat aber sicher keine der Maßnahmen.

Dank der Wölbklappen, der winglets und des geringen Gewichts kann man jetzt recht langsam kurbeln und so auch schwache Thermik mitnehmen und manchem Kollegen den Schneid abkaufen.

Das Flügelprofil ist ja bekannt verschmutzungsempfindlich. Mückenputzer sind Pflicht, Regenschauern sollte man großräumig ausweichen.

Neigung zum Trudeln oder Abkippen habe ich auch mit der rückwärtigen SP Lage nicht feststellen können. In dieser Hinsicht ist die DG-200 durchaus anfängertauglich.

Wasserbalast habe ich auch einige Male probiert, die Beschleunigung ist enorm, Windenstart vollkommen problemlos. Meistens habe ich das Wasser früh wieder abgelassen, da das Steigen doch massiv durch den weiter vorne liegenden SP beeinträchtigt wird und ich eher früh starte. Nachmittags hätte ich das Wasser dann oft gerne zurück gehabt. Leider gibt es keinen Hecktank, der das Schwerpunktproblem beseitigen könnte.

Ohne Wasserbalast liegt die maximal sinnvolle Geschwindigkeit so bei 190 km/h IAS. In den hiesigen Bedingungen lasse ich es bei 120 – 150 km/h nach McCready bewenden. Neuere Rennklassemodelle können das zweifelsfrei wesentlich besser.

Die Wirkung der Bremsklappen in Verbindung mit der Landestellung der Wölbklappen ist enorm. Meistens nutze ich zum Landen nur die acht Grad Stellung. Bemerkenswert ist eine Tendenz bei voll gezogenen Bremsklappen im Abfangbogen durchzusacken, man muss also schon gut die Fahrt halten bzw die Bremsklappen entsprechend dosieren. Der Steuerknüppel ist bei DG Einsitzern mit einem seitlichen Parallelogramm aufgehängt, was im normalen Betrieb nicht weiter auffällt. Bei Vollausschlägen - beispielsweise beim Abfangen zur Landung – macht sich die seitliche Aufhängung aber doch bemerkbar. Ein gerades Ziehen am Steuerknüppel führt automatisch zu einem leichten Querruderausschlag nach rechts. Wenn man das nicht berücksichtigt, legt man die rechte Fläche ab.

Die Tost Radbremse ist so wie alle Tost Radbremsen.

Fazit

Mit einer DG-200 bekommt man ein recht preiswertes und robustes Segelflugzeug für den Spaßpiloten ohne Wettbewerbsambitionen, der aber schon ein paar Stunden Erfahrung mitbringen sollte. Hervorzuheben ist die Langlebigkeit der Originallackierung, die auch nach über 30 Jahren wie neu aussehen kann, was die Kosten natürlich deutlich senkt.            Feintuning ermöglicht die Flugleistungen und –eigenschaften merklich zu verbessern, sodass sie deutlich teurer gehandelten, moderneren Standardklassemodellen wie LS4 oder DG300 kaum nachstehen. Minuspunkt ist sicher der Betreuungsvertrag mit dem Musterbetreuer. Das trifft aber leider auf die große Mehrzahl der aktuell angebotenen Flugzeuge zu. Durch die verschiedenen Hauben hat man die Wahl zwischen etwas billiger und etwas besseren Flugleistungen mit der geteilten Haube oder eben schicker und etwas teurer mit der einteiligen Haube.

Wer schon eine DG-200 oder ein ähnliches Muster hat, der hat hoffentlich Anregungen mitgenommen, wie er mehr Leistung ohne große Kosten herausholen kann. Ich wünsche fröhliches Schleifen und Polieren.

Weitere Leistungssteigerung könnte durch übergangsloses Einlassen der Spaltabdeckbänder erreicht werden. Aktuell sind diese bei mir, wie üblich, außen aufgeklebt. Wer das zuverlässig und preiswert machen kann, darf sich gerne bei mir melden. Nach dem Lesen eines Berichts über die AFH24 werde ich auf jeden Fall noch die Haube besser verschleifen. http://www.akaflieg-hannover.de/flugzeugpark/afh-24.html 

 

M. Höffelmann

 

Anhang Flugdaten

Ermittelt mit Aufzeichnungsgerät LX-Flarm Redbox, Auswertung mit Software Naviter Seeyou

Datum

OLC km

FAI Dreieck km

Dauer

ø km/h

ø GZ

04.05.2008

404

353

05:43

71 

41

07.06.2008

376

148

06:05

62 

37

17.06.2008

388

228

05:07

76 

37

26.06.2008

370

317

06:17

59 

36

03.07.2010

300

138

05:22

56 

49

18.07.2010

388

259

04:51

80 

51

12.06.2011

346

317

04:36

75 

50