Testbericht ASW 24WL

Testflugzeug:
ASW 24WL
Wnr. 24081
D-3765 "LL"





Grundsätzliches
Bei der ASW 24WL handelt es sich um ein einsitziges Segelflugzeug der FAI-Standardklasse. Die Konstruktion von Gerhard Waibel stammt aus dem Jahr 1987 und stellt den direkten Nachfolger der ASW 19 dar. Es gibt 4 Versionen der ASW 24, von denen insgesamt 311 Stück gebaut wurden:

ASW 24
ASW 24b "entschärfte" 24 mit besseren Kurbeleigenschaften
ASW 24E eigenstartfähiger Motorsegler, Motorsystem Binder
ASW 24Top eigenstartfähiger Motorsegler, Motorsystem Fischer "Top"

Anfangs gab es die ASW 24 nur ohne Winglets, was zu einem anfangs schlechten Ruf beitrug. Damals waren die Kurbeleigenschaften wohl nicht so gut, was mit den Winglets aber gelöst wurde. Trotzdem ist der Ruf der 24 bis heute nicht makellos, was sich in günstigen Preisen niederschlägt.

Bemerkenswert ist, dass die ASW 24 das erste Segelflugzeug war, bei dem der Gedanke eines Sicherheitscockpits richtig umgesetzt wurde. Der massive Cockpitrahmen in Schulterhöhe vermittelt ein sehr robustes Gefühl. Dazu ist der vordere Teil der Rumpfnase weich, so dass er als Knautschzone einen großen Teil der Bruchenergie direkt aufnimmt.

Flugleistungen
Mit einer Gleitzahl von 43 ist die ASW 24 auch heute noch in der Standardklasse konkurrenzfähig. Die Leistungen im Schnellflug stehen denen der ASW 28 nicht nach, sind teilweise sogar minimal besser. Vor Allem mit Wasserballast wird die 24 zu einer richtigen Rennmaschine, sofern die mitteleuropäischen Segelflugbedingungen hohe Fluggewichte (maximal 525kg, entspricht 52,5kg/m2) erlauben. In südlicheren Ländern lässt sich das sicher optimal ausnutzen.

Jetzt geht `s aber los: Das Aufrüsten
Die ASW 24 kann dank der automatischen Ruderanschlüsse in circa 10 Minuten komplett flugfertig aufgebaut werden, inklusive Abkleben und Checken. Mit einer Flügelstütze genügt ein Helfer. Angenehm bemerkbar macht sich das geringe Gewicht des Carbon-Kevlar-Flügels an der Wurzel. Wer, so wie ich, vorher nur schwerere Flugzeuge aufgerüstet hat, wundert sich wie leicht sich der Flügel anheben lässt. Das Einführen in den Rumpf geht leicht wie bei allen modernen Flugzeugen. Wenn es mal etwas hakt, steht wahrscheinlich einer der Ruderanschlüsse in einer ungünstigen Position, dann reicht es den Knüppel kurz zu bewegen, danach geht es wie von selbst. Die zwei Hauptbolzen gehen mit etwas Fett auch leicht in die Öffnung. Das Höhenleitwerk wirkt geradezu klein (ich war ja vier Jahre lang das 19-Höhenleitwerk gewöhnt) und ist federleicht. Bei der "LL" ist der Höhenleitwerksbolzen unverlierbar am Leitwerk befestigt und wird mit einem Inbus festgezogen. Das Leitwerk selbst wird einfach rückwärts auf die Auflage geschoben und schließt automatisch an. Man muss lediglich aufpassen, dass man nicht mit dem Ruderabdichtband hängenbleibt. Eine kleine Aluplatte zum Unterlegen hilft hier (Foto folgt). Jetzt kommen noch die Winglets, die ebenfalls mit einer unverlierbaren Schraube gesichert werden. Eine halbe Umdrehung und die Winglets sind bombenfest am Flügel gesichert.
Beim Abrüsten gibt es eine Kleinigkeit zu beachten. Die Bremsklappen entriegeln automatisch wenn der Flügel vom Rumpf getrennt wird. Sie müssen dann von Hand über den Anlenkungshebel verriegelt werden, damit sie beim Transport im Anhänger nicht ausfahren und an der Anhängerwand beschädigt werden.

Das Cockpit
Wie schon oben erwähnt fühlt man sich sehr sicher im 24-Cockpit. Die Sitzposition ist sehr tief und sehr bequem, auch bei meiner Körpergröße von 187 cm. Der massive Rahmen ist sowohl eine der Stärken als auch eine der Schwächen der ASW 24. Bei einer Bruchlandung schützt er den Piloten, indem er das "Zusammenklappen" des Cockpits verhindert, aber bei einem Notausstieg muss er erst einmal überwunden werden. Eine Anfrage bei Schleicher bezüglich der Notausstiegshilfe NOAH blieb leider ergebnislos.

Das Instrumentenbrett bietet genug Platz für eine ordentlich Instrumentierung, wobei es sich empfiehlt die Grundinstrumentierung 57-mm vorzunehmen. Das Funkgerät ist etwas versteckt im unteren, nicht hochklappenden, Teil des Bretts angebracht. Es ist trotzdem gut zu erreichen und gehört ja auch den Geräten die man während des Fluges eher selten braucht. Die Haubenverrieglung erfolgt über zwei Hebel links und rechts. Der Haubennotabwurf geschieht mit zwei roten Hebeln, die automatisch die Verriegelungshebel mitnehmen. So geht bei einem Notabwurf keine Zeit verloren, wie z.B. bei der ASW19 oder der LS 4a, wo erst die Haube entriegelt werden musste, bevor der Notabwurf betätigt werden konnte. Der Ausklinkknopf ist an der linken Bordwand vor dem Klappenhebel platziert, so dass er sehr gut greifbar ist. Zwei Lüftungsdüsen sorgen für Frischluft, einmal vor dem Instrumentenbrett als Anti-Beschlagdüse, und einmal an der rechten Bordwand, fein einstellbar für die direkte Anströmung des schweißnassen Piloten ;-). Unten im Instrumentenbrett sitzen auch die Bedienschalter für die elektrischen Wasserablassventile. Jeweils eine grüne und eine rote Leuchtdiode zeigen den Betriebszustand des Ventils an.

Der Start
Der Start, sowohl im UL-Schlepp wie auch an der Winde, verläuft mit der 24 harmlos wie mit 95% aller anderen Segelflugzeuge auch. Im Windenschlepp konnte ich keine besondere Aufbäumneigung feststellen und die Schlepphöhen waren stets vergleichbar mit allen anderen Kunststoffeinsitzern am Platz.

Der Flug
Das Empfinden der Flugleistung ist natürlich rein subjektiv, je nachdem was man schon vorher geflogen hat. Da ich vor der 24 überwiegend Einsitzer mit etwas schlechteren Leistungen geflogen bin (ASW 19, LS 4, Astir, ASW 15), zauberte sie mir schnell ein breites Grinsen aufs Gesicht. Schon beim ersten Flug war klar, dass der Aktionsradius aus der Winde gegenüber meinen bisher geflogenen Typen deutlich gewachsen ist. Wer schon Erfahrung auf vergleichbaren oder besseren Mustern hat sieht das natürlich anders. Entgegen ihrem Ruf steigt die 24 nicht schlechter als andere Segelflugzeuge. Selbst mit einer leicht besetzten ASK 13 konnte ich über 800 Höhenmeter bequem mithalten. Möglicherweise steigt sie ohne Winglets schlechter, das habe ich aber noch nicht ausprobiert. Bei 35kg/m2 habe ich eine Mindestgeschwindigkeit von 83 km/h zum Kurbeln erflogen, erst darunter merkt man leichte Einbußen.

In punkto Langsamflug ist der Ruf der ASW 24 auch etwas zweifelhaft. Folgende Erkenntnisse haben sich bisher für mich ergeben: Mit meinem Gewicht (85kg+Schirm) kann ich die Fahrt im Geradeausflug bis 69km/h rausziehen ohne irgendwelche negativen Begleiterscheinungen. Bei 68km/h reißt die Strömung ab und die 24 geht bei weiterhin gezogenem Knüppel ins Trudeln. Hört sich wild an, ist es aber meiner Meinung nach nicht. Bei 70km/h liegt der Horizont schon sehr tief und sie ist sehr leise, was Beides deutliche Anzeichen für zu langsame Geschwindigkeit sind. Für einen Flugschüler mag das nicht so toll sein, für einen Piloten mit ein paar Stunden Erfahrung auf Kunststoff aber ohne Weiteres beherrschbar. Wenn man im Moment des Abkippens nachdrückt passiert auch weiter nichts. Interessanterweise wollte sie bei meiner Freundin (62kg+Schirm) nicht Trudeln. Auch aus dem Kurvenflug trudelte sie beim Überziehen nicht, sie schmierte nur in die Kurve ab.

Im Schnellflug zeigt die 24 so richtig was in ihr steckt. Es macht richtig Spaß mit 180 zur nächsten Wolke zu düsen, zumal der grüne Bereich erst bei 205 endet. Die Ruderkräfte lassen sich über die am Knüppel angebrachte Trimmung auf Knopfdruck eliminieren. Dabei ist mir aufgefallen, dass für eine höhere Geschwindigkeit oft etwas stärker gedrückt werden muss um die Trimmung in die richtige Lage zu bringen. Nach dem Loslassen des Trimmknopfes geht der Knüppel dann leicht zurück und die richtige Geschwindigkeit wird gehalten. Der allgemein niedrige Geräuschpegel nimmt auch im Schnellflug nicht allzu sehr zu.

Die angegebene Gleitzahl von 43 ist glaubwürdig. In mehreren laaaaangen Endanflügen (>40km) in ruhender Luft kam ich auf minimal schlechtere Werte, die ich in erster Linie auf die Mücken zurückführe.

Die Ruderwirkung ist generell sehr ausgewogen und gut abgestimmt, ASW eben. Die Klappenwirkung könnte besser sein, aber das wird wohl auch der guten Aerodynamik und der geringen Profiltiefe geschuldet sein. Da passen einfach keine Astir-Scheunentore hinein.

Die Landung
Wie schon gesagt ist die Klappenwirkung nicht so prall. Also ruhig etwas tiefer anfliegen, die gute Gleitleistung kompensiert locker ein paar Meter weniger an der Position. Mit 95km/h plus Windzuschlag im Endanflug lässt sie sich ohne Probleme stabil an den Boden bringen, und beim Ausrollen beweist das große gut gefederte Rad noch einmal, dass die 24 bis zum Ende gut durchdacht ist. Die an den Bremsklappenhebel gekoppelte Radbremse sollte allerdings mit Vorsicht benutzt werden. Sie wirkt so gut, dass die 24 gerne beim Bremsen auf die Nase geht, was zu unschönen Kratzern führen kann. Ich sehe darin kein Problem, weil ich die Radbremse ohnehin bei normalen Landungen schone, um sie dann zur Verfügung zu haben, wenn ich sie einmal wirklich brauche.

Fazit
In der Standardklasse ist die 20 Jahre alte ASW 24 immer noch ein konkurrenzfähiges Flugzeug, dass sich vor den aktuellen Mustern aller Hersteller nicht zu verstecken braucht. Die Flugeigenschaften sind nichts für den blutigen Anfänger, aber für einen Piloten ab circa 50 Stunden (plus/minus individuelle Faktoren) unproblematisch. Das einzige echte Manko ist die fehlende Nachrüstmöglichkeit der Notausstiegshilfe NOAH, die einen Notausstieg erheblich beschleunigen würde. Die Preise für eine gute ASW 24 auf dem Gebrauchtmarkt bewegen sich um 30.000 bis 35.000 Euro ohne Anhänger, was circa die Hälfte einer ASW 28 (15 Meter-Version) ist, der sie in der Flugleistung nicht nachsteht.