von Roland
Müller
Ich bin seit 33 Jahren Segelflieger, seit 23 Jahren Fluglehrer
und habe seit 14 Jahren privat einen ASTIR CS. Deswegen
schreibe ich aus der Sicht eines Privathalters, der die Ma-
schine vielleicht ein bißchen besser kennt als ein Vereins-
mitglied, welches häufiger mal die Maschine wechselt und
keine besondere Beziehung zum Fluggerät entwickeln
konnte. Die Entscheidung zur Anschaffung ausgerechnet
eines Astirs ergab sich aus einem guten Angebot zu einer
Zeit, als ich gerade den Vorgänger abgestoßen hatte. Ich
fliege damit zwischen 50 und 80 Stunden im Jahr. Meine
Gesamtflugerfahrung beträgt etwa 5000 Starts und 1500
Flugstunden.
Der Astir CS ist der mit dem dickeren Rumpf. Die Astir
Baureihe wurde 1974 begonnen und als Astir CS 77
und Jeans Astir mit festem Fahrwerk ab 1978 mit einem
längeren, spitzer zulaufenden und schmäleren Rumpf
fortgesetzt. Später wurde auch dieser Rumpf zum
Standard Astir II weiterentwickelt. (Rumpf des Speed
Astir) Die Flügelgeometrie mit dem Eppler Profil E 603
ist bei allen Astiren gleich. Grob hat etwa 1200 Segel-
flug-Einsitzer vom Typ Astir gebaut und bei fast jedem
Verein in Deutschland steht ein Astir herum. Manche
lieben ihn und manche Flieger oder Vereine, die sich
etwas teures leisten können, reden abfällig über ihn.
Nicht alle der „Urteiler“ haben einmal im Astir drin ge-
sessen oder sind einmal damit geflogen.
Mein Bericht beschäftigt sich ausschließlich mit dem
Astir CS, also der ersten, von Grob herausgebrachten
Standard Klasse Version.
Die vielen pauschal negativen Eigenschaften, die man
diesem Flugzeug anhängt, kann ich nicht nachvollzie-
hen. Ich kenne dieses Flugzeug als äußerst gutmütiges
unempfindliches und vor allem vereinstaugliches Flug-
gerät. Deswegen möchte ich an dieser Stelle einmal die
Vorzüge dieses Segelflugzeuges herausstellen und eine
Lanze für den Astir brechen. Aber auch die Dinge, die
mir negativ an diesem Flugzeug aufgefallen sind, werde
ich natürlich auch nicht verschweigen.
Seit seiner Einführung hat der Astir CS eine Reihe von
LTA’s über sich ergehen lassen müssen. Das bringt
ihn natürlich ins Gerede. In den 14 Jahren seit dem ich
ihn habe, mußte ich lediglich das Geld und die Arbeits-
leistung für die Höhenleitwerks Kugelbolzen HLW-Ke-
gelbolzen und die dazugehörigen Bundbuchsen aus-
eben. Auch der Alu-Druckguß Hauptspant wurde ein-
al n dieser Zeit ausgetauscht. Die Kosten für beide Maß
nahmen betrugen etwa 1100 Euro. Andere nachprüf-
flichtige Reparaturen oder LTA’s sind in dieser Zeit nicht
angefallen.
Sicherlich muß man bei der Flugleistung z.B. gegenüber
einer LS4 gewisse Einschränkungen hinnehmen. Dafür
zahlt man aber für die LS 4, die 3-4 Gleitzahlpunkte mehr
bietet, gut das dreifache. Die Frage ist, was kann / was
will ich mir leisten, welche Ansprüche stelle ich an die
Fliegerei und an mich selbst. Bezogen auf Leistungs-
fähigkeit, Flugeigenschaften, Raumangebot, (Gewicht :-)
bietet einem der Astir CS zweifellos das meiste Flugzeug
für’s Geld.
Die Flügel sind flächenmäßig groß (12,5 m2) und im Ver-
gleich zu einem Libellen- oder LS 4 - Flügel relativ schwer.
Das Zusammenstecken der Flügel ist mit 1 Helfer (mit Flü-
gelstütze sonst 2 ) aber problemlos in max 5 min möglich.
Die Flügelquerkraftbolzen sind mit Kugelnuten versehen,
rasten im Rumpf ein und werden mit Drehverschlüssen
gesichert. Damit der Flügelholmstummel beim Zusammen-
stecken richtig geführt wird, gibt es kleine Kunststoffkeile,
die in der Holmauflage rumpfseitig links und rechts einge-
setzt werden können. Damit wird der Flügel beim Zusam-
menstecken derart zentriert, daß die Holmbolzen zwangs
läufig mittig zu den Augen des gegenüberliegenden Flügels
geführt werden, was eine Menge Geschrei, Zeit und Kraft
beim Aufrüsten erspart.
Das Anschließen der Rudergestänge erfolgt durch einen
Handlochdeckel auf dem Rumpfrücken. Bei den Ruderan-
schlüssen empfehle ich dringend das Anbringen von
Wedekind Sicherungshülsen auf den rumpfseitigen An-
triebsköpfen. Das ist kein großes Problem, weil man
diese Antriebsstangen, sie sind relativ kurz, problemlos
dazu ausbauen kann. Das sonst notwendige Einfädeln
von kleinen Sicherungssteckern in die Verschlußkeile der
L’Hotellier Verschlüsse ist durch den Handlochdeckel
ohne Sicht so gut wie fast unmöglich und damit auch mit
Unsicherheit verbunden. Die kleinen Steckerchen könnten
in den Rumpf herunterfallen und müssen erst wieder zeit-
raubend gefunden werden. Das Anschließen der Querruder
und Bremsklappen ist in einer Minute erledigt incl. Kontrolle
durch eine 2. Person.
Das Höhenleitwerk wird aufgesetzt, anschließend wird der
Höhenruderanschluß mit der Steuerstange verbunden und
gesichert. Beim Schieben des HLW schwanzwärts rastet
der Kugelbolzen in der SLW Nase ein. Irgendwelche losen
Montageteile zum Zusammenbau werden nicht benötigt
und können deswegen auch nicht vergessen werden oder
verloren gehen.
Nach der Landung bekommt man das Flugzeug durch den
Gummisporn mit Stahlplatte am Boden schlecht bewegt.
Die Kraft bzw. das Gewicht, die Schnauze herunter zu
drücken, um damit den Schwanz anzuheben, kann man
alleine nicht aufbringen. Das Gewicht des Schwanzes am
Boden ist recht hoch und der serienmäßige Einsteck-Heck
kuller ist eine Krampflösung. Wenn man alleine ist kann man
diesen nur sehr umständlich handhaben, weil man den
schweren Schwanz mit der einen Hand anheben muß und
mit der anderen Hand den nicht ganz leichten Steckkuller
in das nicht sichtbare Kullerloch einführen muß.
Dies ergibt eine starke unsymmetrische Rückenbelastung,
die ich in meinem Alter nicht mehr aushalte. Deswegen habe
ich mir einen Umschnallkuller gebaut und das Kullerloch mit
Tape zugeklebt. Der Umschnallkuller hat zudem den Vorteil,
daß man eine Schleppstange einhängen- und den Flieger
damit problemlos zum Start ziehen kann. Der Bau eines
Flächenrades dürfte für einen Techniker auch kein unlösbares
Problem darstellen. Das Schieben am Boden ist durch das
hohe Leergewicht des Astir mit 260 kg eine ziemliche Plackerei.
Man braucht Helfer. Wenn der Boden weich ist, kriegt man
alleine den Astir als normalgewichtiger untrainierter Mensch
vielleicht mal 10 meter vorwärts, bis der Schweiß ausbricht
und der Puls auf 180 ist.
Wie schon erwähnt, ist der Flügel relativ schwer. Was mir
in den Jahren aber auffiel, ist seine relative Unempfindlich-
keit gegenüber unsachgemäßen Berührungen z.B. Pfosten
am Flugplatz heftige Berührungen beim Einräumen oder
Rangieren. Die recht massiven Aluklötze unter der Flügel-
spitze schützen den Flügel hervorragend und bieten darüber
hinaus noch eine gute Verzurrmöglichkeit.
Hier hat der Astir zweifellos seine Stärke. Wer auf ASK 21
geschult hat und damit alleine geflogen ist, den würde ich
bedenkenlos in den Astir setzen.
Der Bereich der Mindestgeschwindigkeit wird wie üblich
durch Schütteln angekündigt, die Nase senkt sich hebt sich
aber wieder. Das Flugzeug kann mit voll durchgezogenem
Knüppel gehalten werden. Querneigungen und unbeabsich-
tigtes Rollen können gefahrlos mit der Querruder korrigiert
werden. Eine Trudelneigung besteht nicht.
Durch die relativ großen Flügelmassen ist die Rollrate mit
über 4 sec von + 45° nach – 45° mit einem heutigen Standard
Klasse Flugzeug nicht vergleichbar. Beim Kreisflug mit über
30° Querneigung spürt man das Aufund Abbauen von lami-
naren Ablöseblasen, was zu etwas Ruderarbeit führt. Diese
„Unruhe“ beim Kreisen ist jedoch gänzlich verschwunden,
seitdem ich das Noppenband entsprechend der Althaus
Empfehlung angebracht habe. Damit fährt der Astir wie auf
Schienen durch die Kurve und erfordert fast keine Aufmerk-
samkeit mehr. Ob dieses Noppenband auch leistungs-
mäßig die angesagten 1,5 bis 2 Gleitzahlpunkte herbringt,
vermag ich nicht zu sagen. Dazu müßte eine aufwändige
Vergleichsmessung durchgeführt werden.
Durch das große Höhenleitwerk ist die Dämpfung der Längs-
schwingungen sehr ausgeprägt. An der Winde hat der Astir
keinerlei Tendenzen zum Flügelablegen oder zum Aufbäumen.
Insgesamt ist dieses Flugzeug nur schwer „aus der Ruhe“
zu bringen. Beim F-Schlepp kann nach einigen Metern rollen
der Flügel mit dem Querruder unter Kontrolle gehalten wer-
den. Mir hat sich in all den Jahren noch nie ein Flügel beim
Anschleppen abgelegt.
Was der Astir CS nicht verzeiht, ist ein zu langsamer Anflug
mit plötzlich durchgezogenen Klappen. In diesem Fall fällt
er unerbittlich herunter. Möglicherweise sind die bei vielen
Astiren gerissenen Druckgußspante im Rumpf, die auch die
Fahrwerkskräfte aufnehmen, auf diesen Umstand zurück zu
führen. Die Landeanfluggeschwindigkeit sollte 90 km/h nicht
unterschreiten.
Ich schätze am Astir besonders die Eigenschaft, daß ich den
Steuerknüppel bedenkenlos längere Zeit loslassen kann. Es
passiert nicht viel, der Flieger fliegt stabil und sauber weiter
geradeaus und man kann auch einmal auf die Karte schauen
und sich orientieren. Die Rolleigenschaften sind abgesehen
von der relativen Trägheit, ausgeglichen. Das Seitenruder
könnte ein wenig effektiver sein. Die Alu-Bremsklappen sind
riesig und damit sind steile Anflüge auch auf kurze Außen-
landeäcker ohne weiteres möglich. Slippen ist auch kein
Problem. Ich habe aber noch nie bei einer Außenlandung
slippen müssen.
Immer wieder wird behauptet, das berüchtigte Astir Pfeifen
wird durch das Loch des Schwanzkullers verursacht. Das
stimmt so nicht ! Ich habe das Loch abgeklebt und der
Astir pfiff immer noch. Anschließend habe ich sämtliche
Ruderspalte mit Mylarband abgedeckt alle Spalte abge-
dichtet und seitdem ist das Pfeifen völlig verschwunden.
Im Flug ist er nicht mehr lauter als ein modernes Standard
Klasse Flugzeug und von unten überhaupt nicht mehr zu
hören. Wichtig ist, daß auch die Rumpf Flügel-Übergänge
dicht abgeklebt werden. Messungen von Johnson haben
gezeigt, daß 4-5 Gleitzahlpunkte verloren gehen können,
wenn hier nicht sauber abgeklebt wird. Der stumpfe Rumpf
Flügelübergang (eigentlich ist überhaupt kein Übergang
vorhanden) ist sicherlich aerodynamisch noch verbesser-
ungswürdig aber leider nicht zu ändern.
Oder vielleicht doch ???
Bei der relativ
großen Flügeltiefe an den Flügelspitzen
würden sich kleine Winglets besonders lohnen. Leider
hat sich noch niemand da heran gewagt und die Zulas-
sung betrieben. Ich habe auch schon ASTIR CS mit
echtem integriertem Heckrad gesehen, gehe aber davon
aus daß dieser Umbau so nicht in der Musterzulassung
drinsteht.
Geräumiges Cockpit
Das ist in meinen Augen das größte Plus des Astir CS,
deswegen mag ich ihn besonders gern. Ich bin mit 1,78m
und 87 kg nicht übermäßig groß oder dick aber auch über
1,90m große und schwere Kameraden haben mit dem
Cockpit keine Probleme. Der Astir CS Vorderrumpf wirkt
dadurch wenig grazil vielleicht etwas klobig, aber die
dicke Schnauze ermöglicht es immerhin, dass im Pedal-
bereich soviel Platz ist, daß die Füße parallel gehalten
werden können und nicht zu den Fußspitzen angewinkelt
werden müssen wie das z.B. in vielen spitz zulaufenden
Rümpfen der Fall ist. Was nützt die Hochleistungsma-
schine, wenn nach 2 Stunden die Kniegelenke wegen der
unnatürlichen verdrehten Bein-Haltung schmerzen oder
sich Wadenkrämpfe einstellen.
Die Pedalverstellung erfolgt über einen Zugknopf im Instru-
mentenbrett. Zieht man daran, springt der Pedalbock in die
vorderste Stellung, also zum Piloten hin. Das funktioniert
sehr gut, auch im Flug. Will man die Pedalstellung ändern,
genügt ein Zug am Knopf und gleichzeitig schiebt man die
Pedale mit den Fersen nach vorn. Die Cockpitbreite ist mit
65 cm üppig, die Schultern stoßen nicht an, man kann hin
und her rücken. Die Kabinenbelüftung wird ebenfalls durch
einen Zugknopf im I-Brett ausgelöst und ist sehr effektiv.
Wer noch mehr Luft braucht, der kann das kleine Ausstell-
fenster zusätzlich öffnen. Der Luftstrahl trifft dann Kopf und
Hals des Piloten.
Die Radbremse ist für heutige Verhältnisse etwas unge-
wöhnlich. Die Bremse wird ja mittlerweile standardmäßig
mit der Bremsklappen Endstellung ausgelöst. Beim Astir
wird sie über einen Hebel am Steuerknüppel wie eine Fahr-
radbremse bedient. Beim Rollen muß man natürlich darauf
achten, daß der Flieger bei scharfem Bremsen nicht auf die
Nase geht oder daß das Rad nicht auf nassem Gras blockiert
und anschließend eine Drehung um die Hochachse erfolgt.
Diese Art Handbremse ist aber gut dosierbar.
Der Instrumententräger ist als stehender Pilz ausgeführt.
Die Beine können problemlos seitlich vorbeigeführt werden.
Sie können während des Geradeausfluges zurückgezogen
bzw. angewinkelt werden, das tut nach einigen Flugstunden
bestimmt gut. Vor dem Astir besaß ich eine LS1-C, die ein
Instrumentenbrett hatte, das von der linken bis zur rechten
Bordwand reichte. Beim Einsteigen mußte man regelrecht
durch die „Beinlöcher“ wie in einen Stiefel hineinschlüpfen.
Beinbewegungen waren nicht drin und ein Notausstieg wäre
mit diesem Flugzeug im Gegensatz zum Astir CS unmög-
lich gewesen. Die LS1 c hat zweimal versucht, mich ( im
Windenstart ) umzubringen, das war der Grund für unsere
Trennung.
Die Haube klappt nach der rechten Seite und bietet eine gute
Sicht auch seitlich und nach vorn. Der Haubennotabwurf wird
durch Zurückziehen beider „roter“ Hebel an linker und rechter
Bordwand ausgelöst.
Die Geräuschentwicklung im Cockpit ist natürlich von der
Abdichtung der Haube abhängig und davon, ob der Flügel
sauber abgeklebt ist. Mein Astir ist sehr leise, die Haube sitzt
dicht. Das E-Vario ist auf der kleinsten Lautstärkestufe noch
gut zu hören. Rauschen aus dem Rumpf heraus kann durch
Abkleben der Schlitze der GFK Fahrwerksabdeckung (innen,
hinter der Rückenlehne) etwas vermindert werden. Wenn die
Fahrwerksklappen dicht und sauber sitzen, macht auch das
viel aus. Hier sollte man vielleicht einmal nach den Federn
sehen, die die Klappen fest an den Rumpf ziehen und diese,
wenn ausgeleiert, austauschen. Hin und wieder sieht man
Astire im Flug, da steht der Unterleib halb „offen“ d.h. die
Fahrwerksklappen liegen nicht an und das rauscht natürlich.
Die Sitzwanne ist sehr bequem. Besonders schätze ich
daran die breiten seitlichen Armauflagen. Ich habe noch nie
nach dem Aussteigen irgendwelche Probleme gehabt und
kann auch nach mehreren Flugstunden sofort wieder „frei
herumlaufen“ ohne mich erst einmal ein paar Minuten ein-
renken zu müssen. Die Sitzwanne ist mit mehreren Schnell-
verschlüssen im Rumpf befestigt und läßt sich problemlos
herausnehmen. Der linke Unterarm ruht auf der Armauflage.
Der Trimmhebel liegt dabei genau an der richtigen Position
in Höhe der Hand. Die Trimmwirkung ist direkt und gut mit
wenig Dämpfung. Der Fahrwerkshebel ist rechts, die Kräfte
zum Ausfahren sind fast Null, zum Einfahren normal.
Natürlich wünscht man sich hin und wieder, daß die Ma-
schine besser marschiert. Die Flugleistungen des Astir CS
sind bekannt, hier brauche ich nicht viele Worte zu verlieren.
Daß der Astir aber schlecht steigen soll, kann ich nicht be-
haupten. Das Steigen, was man aus einem Bart herausholt,
wird ja nicht nur durch die Eigenschaften der Maschine, son-
dern zum größten Teil durch die Erfahrungen und die Taktik
des Piloten bestimmt. Der Astir kann langsam fliegen, lang-
samer, als die auf Schnellflugleistung ausgelegten neueren
15-18m Flugzeuge. Das kann bei enger Thermik ein großer
Vorteil sein. Ich persönlich habe mich mit meinem Astir CS
in der Thermik nie von teuren Flugzeugen benachteiligt ge-
fühlt. Die Vorflugleistungen gehen im Vergleich zu einer LS 4
ab 110 km/h natürlich in den Keller. Gerade bei guten Wetter-
lagen oder bei starkem Gegenwind muß man gegenüber den
etwas jüngeren Standard Maschinen zusehen, wie es abwärts
geht und man leidet entsprechend. Wasserballast habe ich
noch nie betankt, weil die Behälter und Installationen dazu vor
meiner Zeit entfernt wurden. Das Flugzeug ist mir schwer
genug. Ob die werkseitig angegebene Gleitzahl von 37-38
realistisch ist, vermag ich nicht zu sagen. Die Auswertungen
meiner Loggerschriebe widersprechen dieser Angabe zumin-
dest nicht. Die Gleitzahl ist ja auch nur ein einziger Punkt im
Leistungsspektrum. Besonders wichtig ist ja das, was in dem
Geschwindigkeitsbereich dahinter passiert, da geht sie halt
schnell in den Keller.
Im Vergleich zu neueren Maschinen sind die Knüppelkräfte
geringfügig höher - auch die Reibung innerhalb der Gestänge-
wege ist natürlich nicht mehr der heutige Standard. Da ich aber
ein Flieger bin, der nicht davon zu überzeugen ist, daß man un-
unterbrochen steuern muß und andererseits das Flugzeug ohne
meine dauernden Störungen viel besser fliegt, verbrate ich mit
ständigen nervösen Steuereingaben auch nicht viel ermüdende
Energie.
Leichtes Abstützen im engen Kurvenflug ist erforderlich. Das
erforderliche Ziehen kann man durch die Trimmung ausgleichen.
Seit dem Anbringen des Noppenbandes (in 65% der Flügeltiefe)
auf der gesamten Länge der Flügelunterseite haben sich die
Kurvenflugeigenschaften objektiv und spürbar verbessert. Das
Noppenband kann ich allen Astir Haltern nur wärmstens
empfehlen.
Als Einsteigermodell für Leute, die sich nach Erhalt des Luft-
fahrerscheins eine eigene Privatmaschine zulegen wollen, kann
ich den Astir CS empfehlen. Dieses Segelflugzeug ist leicht zu
handhaben und hat in der Luft und bei Start und Landung absolut
keine Zicken. Das Leistungsspektrum ist ausreichend, um da-
mit auch Dreiecke bis 500 km zu fliegen. Auf dem Gebraucht-
markt ist der Astir CS für etwa 10.000 Euro zu haben. Bei den
angebotenen Schnäppchen sollte man natürlich darauf achten,
wie weit die Maschine von der 3000 Std. Inspektion entfernt ist
und ob alle LTA’s durchgeführt worden sind. Ist die Oberfläche
noch so gut, daß sie die nächsten 6-7 Jahre ohne Neulackierung
übersteht. Ist die Zuladung im Sitz (mindestens 100kg) noch
ausreichend ? Viele reparierte Brüche wirken sich hier sehr
nachteilig aus.
Auch der Zustand des Hängers sowie die Aufrüsthilfen sind in
der Halter-Praxis wichtiger als ein günstiges Angebot oder das
schicke Outfit. Viele Gebrauchtflugzeugverkäufer versuchen,
irgendwelche übriggebliebenen praxisuntauglichen und schrot-
tigen Hänger damit endlich loszuwerden. Wichtig: Flächen
und Rumpf sollten in Wagen in den Hänger hineinfahren
können und in der Endstellung selbstarretierend sein.
Hänger, bei denen über die Deichsel ausgeladen wird und
die Flächen womöglich in Schlaufen hängend eingefädelt
werden müssen, der Flieger auf dem Rad durch eine Rinne
eingefahren wird und mit Galgen oder Joch oder gar mit
Spanngurten hantiert werden muß, sind Murks und machen
den Flieger irgendwann beim Fahren oder beim Aufrüsten
kaputt. Dann lieber noch was drauflegen und sich einen
zweckmäßigen Hänger zulegen. Das zahlt sich in den
Jahren aus. Vorsicht bei der Anschaffung von modernen
niedrigen GFK Klappdachhängern, sie sind meist nicht
auf die hohe Wurzeltiefe des Astir Flügels ausgelegt. Da
fehlen manchmal einige Zentimeter.
Mir hat der Astir CS in all den Jahren, in denen ich ihn habe,
viel Freude gemacht und schöne Erlebnisse beschert. Brenz-
lige Situationen hat es dabei keine gegeben. Die Sprüche über
ihn: „Ist der Astir aus dem Haus, bist Du aus dem Gröbsten
raus“ „Wo Grob draufsteht, ist auch grob drin“ zahlreiche Spott-
lieder und auch viele anderen ungerechtfertigten Vorurteile kann
ich überhaupt nicht bestätigen. Trotz der zahlreichen LTA’s die
man differenziert auch unter dem Aspekt sehen muß: was ist in
den letzten 10 Jahren gewesen? War der Astir mal auffällig in
der Unfallstatistik, gab es Unfälle die auf die Grob-Konstruktion
zurückzuführen sind. Nein! Viele Dinge werden auch hochge-
spielt so z.B. kursierten vor kurzem Hinweise daß der Kugel-
bolzen des Höhenleitwerks sich lockern könnte und vor jedem
Start auf festen Sitz zu prüfen ist. Das tue ich natürlich. Aber
solche Dinge werden in der Segelfliegergemeinde genüßlich
herumgereicht, wenn es sich um einen Grob Astir handelt.
Das „Schmuddel-Image“ hat der Astir nicht verdient. Ist ein-
mal eine DG oder ein Schempp-Hirth Flieger wegen schlech-
ter Verklebung oder gar Rissen in wichtigen Teilen aufgefallen,
dann herrscht betretenes Schweigen. Für viele der von mir
aufgezählten Unzulänglichkeiten gibt es zu überschaubaren
Kosten oder mit geringem Aufwand konstruktive Lösungen
und Hilfen. Sie können einem das Leben mit dem Astir we-
sentlich einfacher machen.
Der Astir CS ist ein grundsolides, sehr preiswertes und hin-
reichend leistungsfähiges GFK-Club-Klasse Segelflugzeug,
mit dem man sehr gut und günstig leben kann. Für das Geld,
was andere Kameraden mit modernen Standard oder 15 m
Klappengeräten nur an Kaskoversicherung zahlen, kann ich
das ganze Jahr fliegen.
Ich habe es noch nie bereut, einen Astir CS zu haben.