Alexander Schleicher ASK 14
Christoph Schwahn, August 2008
...kinderleicht!
Als
ich im Juni 1991 mit einer ASK 14 auf den Flugplatz kam, rümpften
manche die Nase. Ach, ein Mogelflugzeug, jetzt bist du auch schon unter
die Rentnerjet-Besitzer gegangen. Meiner schönen D-KOND wurde
schnell der Spitzname "das Kondom" zuteil. Kondor wäre ja auch
denkbar gewesen.
Nach vielen Jahren sind die Segelflug-Puristen etwas ruhiger geworden.
Wenn sie noch an der Winde Schlange stehen, bin ich schon unterwegs.
Wenn die Schleppmaschine mal wieder nicht einsatzbereit ist - mich
stört es nicht. Und selbst ohne Latte, die ich mal ausgerechnet
zu Beginn des Südfrankreich-Urlaubes gekillt habe, fliegt der
Vogel wunderbar, startet an der Winde höher als die Ka 8. Meine
größte Ausklinkhöhe betrug knapp 800 m - in Hattorf-Aue
bei Oststurm-Welle.
Ich nenne das Flugzeug jetzt selber "Kondom", denn es macht
Spaß ohne Reue, das stimmt in der Tat. Auf dem Acker war ich
damit noch nie. Aber zum Motorsegler habe ich es auch nie gemacht.
Die ASK 14 ist ein eigenstartfähiges Segelflugzeug. Ihre
Entwicklung wurde schön beschrieben in dem Buch über die
Schleicher-Segelflugzeuge. Ich finde, es ist das Meisterstück von
Rudolf Kaiser, einem der talentiertesten Konstrukteure, die die Welt
gesehen hat. Die konsequente Weiterentwicklung seiner Ka 6-E: gleiche
Flügel, nur mit DFS-Klappen und etwas geringerer Spannweite
(Schleicher wollte keinen neuen Holm fertigen). Motor vorn, daher
Pilot weiter hinten, zwischen den Flügeln. Die mussten daher
nach unten und bekamen etwas V-Form (gegenüber der Ka 6), um die
Erfordernisse für Bodenfreiheit und Stabilität zu vereinigen.
Ein hohes Einziehfahrwerk mit einer doppelten Verknieung und
beispiellos leichter Betätigung verschafft dem Prop wie auch den
Flügeln ausreichende Bodenfreiheit. Hinten ist alles Ka 6-E.
Fertig ist der Flieger.
Mittlerweile gibt es bei uns eine 14-Flotte...
Die klassische Konfiguration mit Motor vorn und Segelstellungs-Latte
kostet natürlich Leistung, denn die Cowling ist nicht
verschließbar und wird immer durchströmt. Dafür hat man
keinerlei Probleme mit einem Ein- und Ausfahr-Mechanismus. Zudem zeugen
die Rumpf-Flügel-Übergänge von dem beispiellosen
aerodynamischen Verständnis des Konstrukteurs. Der Flieger bringt
es auf echte 28 Gleitzahlpunkte. Wie die Ka 8, aber in einem viel
höheren Geschwindigkeitsbereich,
da die Flächenbelastung viel höher ist. Ich fliege oft
gemeinsam mit Freund Plotter und seiner Club-Libelle, das passt sehr
gut. Wenn er etwas besser im Vorausfliegen ist, kann ich mehr
Arbeitshöhe einsetzen und Thermik suchen.
Das Schöne an der ASK 14 ist in der Tat die Kondomwirkung. Man
kann, auch bei zweifelhaften Wetterlagen, auf Strecke gehen und bei
guten Wetterlagen die Arbeitshöhe gegenüber Segelflugzeugen
vergrößern, indem man tiefer vorfliegt. In den ersten Jahren
war ich durch die puristischen Kommentare streng darauf bedacht, den
Motor nicht in Gang zu setzen, und habe mich selbst immer wieder
darüber gewundert, wie wenig man ihn wirklich braucht. Allerdings
birgt dieser Purismus eine Gefahr, die schon einigen
Flugzeugen dieses Typs (und der meisten motorisierten Segelflugzeuge) zum
Verhängnis geworden ist: zu tiefes Kämpfen über
unlandbarem Gelände stresst, man macht einen Fehler, der Motor
springt nicht an und das war´s. Mittlerweile bin ich - nicht
zuletzt aufgrund einiger Unfallberichte - in dieser Beziehung ruhiger
geworden.
Wer billig Streckensegelflug betreiben will, ist mit dem Flugzeug gut
bedient. Ein 300er ist mit der ASK 14 leicht zu schaffen, sobald man
einen 50er Schnitt zustande bringt. Die Maschine steigt fast so gut wie
die Ka 6 und ist ihr in puncto Wendigkeit deutlich überlegen. Das
Vorfliegen geschieht mit 100 - 130 km/h, danach wird die Polare steil.
In der Thermik liegt sie satt bei Tempo 85, bei starker Querneigung und
höherer Flächenbelastung kann Tempo 100 manchmal bessere
Steigwerte bringen. Ich fliege nie mit vollem Tank, sondern nehme nur
ca. 10-12 Liter mit. Das reicht für den Start (ca. 5 Minuten
Motorlaufzeit) und mehrere eventuelle Kondom-Einsätze, falls
erforderlich. Motorflug ist nicht wirklich sinnvoll, denn der Motor ist
nicht gerade leise und verbraucht zwischen 10 und 15 Litern Gemisch 1 :
20. Außerdem wird er nicht mehr hergestellt,
Grundüberholungen sind ein Problem, und der Flieger wird durch das
Gerüttel auch nicht besser. Dies ist ein Flugzeug für Leute,
die gern Segelfliegen.
steigt ohne Motor besser als mit...
Ich habe das Flugzeug in einem Klappdach-Anhänger und rüste
es in ca. 15 Minuten auf. Dabei brauche ich zum Anstecken der
Flügel für 5 Minuten einen Helfer. Besonders schön ist,
dass der Flügel tief liegt, man den Holm also nur ca. 60 cm
über dem Boden heben muss, um ihn in den Rumpf zu stecken. Der
Flügel ist wunderbar austariert; jeder, der an der Endleiste heben
will, stört, weil er den Flügel aus der Montageposition
bringt. Nasen- und Hauptbolzen wie Ka 6, Klappen schließen
automatisch an, Querruder mit Hotellier-Verschlüssen und
Federsteckern gesichert. Höhenruder als zweiteiliges Pendelruder
mit Zwangsanschluss, exakt Ka 6-E.
Dann zum Start. Mein Flugzeug hat große Rollen in den
Randbögen integriert und ein lenkbares Spornrad; ich ziehe es
allein an den Start. Der Motor, ein Hirth F 10, benötigt ein wenig
Sensibilität und Motorverständnis, um anzuspringen. Per
E-Starter kein großes Problem, ab und zu neue Kerzen und neue
Vergasermembranen. Sonst bloß nicht dranrumregeln - er hat vier
Vergaser und vier Zündspulen.
Never change a running system.
Die Radbremse wird als Fersenbremse mit einem Hebel zwischen beiden
Seitenruderpedalen betätigt, sehr praktisch gelegen.
Fehlbedienungen wie bei mit Klappen, Knüppel oder Seitenruder
kombinierten Bremsen werden dadurch vermieden. Der Motor ist schnell
warm, wie alle Zweitakter, und auf kann´s gehen. Nach einigen
Metern gefühlvoll den Sporn abheben, Fahrt aufnehmen und bei ca.
60 km/h hebt der Vogel ab. Der Bodeneffekt hilft ungemein. Jetzt weiter
Fahrt aufnehmen, und das Flugzeug steigt mit gut 2 m/s, bis der erste
Bart kommt. Dann einkreisen, zentrieren, und 5 m/s sind mit Motor keine
Seltenheit. Mit etwas Erfahrung kurbelt man den ersten Bart ab 100
m über Grund bis 300 m aus, reduziert dabei sukzessive die
Leistung, um den Motor abzukühlen. Dann Zündung aus,
Langsamflug bis zum Stillstand des Propellers, Segelstellung und
nachtrimmen. Und, wie Schleicher im Handbuch schreibt: aus dem
Motorsegler ist ein Segelflugzeug geworden. Nur der
etwas penetrante Zweitaktgeruch erinnert noch daran, dass man einen
Motor dabei hat.
Meine Maschine hat auch eine Schwerpunktkupplung und kann an der Winde
starten. Ich ziehe sie hier sogar noch der Ka 8 vor, die bereits
legendär ist, weil sie gute Ausklinkhöhen erreicht. Die 14
hebt dank ihrer tiefen Flächen und des Anstellwinkels
infolge des hohen Fahrwerkes
schnell von allein ab. Der Windenstart sonst wie ASK 13, nur
größere Ausklinkhöhe. Daran denken, den Prop vorher in
Segelstellung zu bringen, sonst nervt das Drehen während des
Starts und der Motor säuft ab. Das hätte mich fast einmal die
Maschine gekostet, da ich mich auf ihn verlassen hatte und dann
plötzlich verlassen war...
Schon bei 800 m über Grund fällt die Entscheidung,
vorzufliegen, die Wolke da vorn sieht doch viel besser aus. Der Bart
ist in 500 über Grund erreicht, und die Vermutung bestätigt
sidh. 1500 m sind schnell erstiegen, und mit 120 geht´s ab: in
den Harz, zum Thüringer Wald, durch das Weserbergland, ins
Sauerland. Bei Gelegenheit ziehe ich dann das Kondom über, d.h.
ich stelle den Choke und den Gashebel auf die richtige Anlass-Stellung,
damit ich im Fall des Falles nur drei Handgriffe habe: Prop auf
Arbeitsstellung, Zündung, Anlassknopf.
An der Werra Richtung Thüringer Wald
Wann dieser Moment kommt, hängt
vom Einzelfall ab. Früher habe ich über einem Landeacker bis
auf 150 m über Grund gekämpft und hatte dann die
Entscheidung: Motor oder Fahrwerk.
Besser, wenn man es nicht so drauf ankommen lässt. Auch in 300 m
bei konstantem Saufen ist es nicht ehrverletzend, den Motor in Gang zu
setzen. Und über unlandbaren Gebieten, z.B. in den Alpen, habe ich
den Motor auch schon mal in 800 m angeworfen. Häufig findet man
unmittelbar danach wieder einen Bart. Findet man ihn nicht, hat man
etwas falsch gemacht, die Strecke für die gegebenen Bedingungen zu
hoch angesetzt oder nicht den Punkt zum Abbruch gefunden.
Also, der Motor ist bald wieder aus, die Flaute überbrückt,
der Absaufer verhütet. Daraus kann man schöne Schlüsse
ziehen für den nächsten Flug. Die ASK 14 ist einer der
besten Streckenflug-Trainer, die ich mir vorstellen kann.
Und ein Flugzeug, das Spaß macht. Mit gigantischer Sicht durch
die große Rundumhaube, die auch den Tank und den Kofferraum
überdacht. Mit einer Ruderabstimmung, die allen
Schleicher-Flugzeugen eigen ist, aber nicht den furchtbaren
Fersensteuerungen wie in Ka 8 oder Ka 6, sondern mit Pedalen, die mit
den Fußspitzen betätigt werden. Der breitere Rumpf bietet
viel Platz für die Füße, und auch mit 187 cm
Körpergröße komme ich gut hinein und fliege mit einem
Kohnke-Päckchen als weiterem Verhülterli. Die
Haubenlüftung ist sehr gut und stufenlos regelbar. Das Fahrwerk
verlangt nur geringe Kräfte und ist für mich gut erreichbar.
Die Trimmung liegt als Federtrimmung ähnlich wie bei der ASW 15
auf der linken Seite, griffgünstig für die linke Hand. Die
Überzieheigenschaften sind überraschend gut, wenn man
bedenkt, dass der Flügel eigentlich für ein Segelflugzeug
ohne Motor und Einziehfahrwerk konzipiert wurde. Sie unterscheiden sich
fast überhaupt nicht von denen einer Ka 6 oder ASK 13; die
Geschwindigkeit liegt mit ca. 68 km/h etwas höher. Nur im Herbst,
bei ganz ganz schwacher Thermik merkt man, dass eine Ka 6 hier
überlegen ist.
Das Fahrwerk darf natürlich für die Landung nicht vergessen
werden. Und selbst bei vergessenem Fahrwerk nimmt der Propeller nur
Schaden, wenn er senkrecht steht. Das Flugzeug soll laut Handbuch auch
eine
Landung mit eingezogenem Fahrwerk wegstecken, wenn man nicht gerade auf
einen Sturzacker geht: der Reifen ragt bis zur Felge aus der
Verkleidung. Ich habe es aber noch nicht ausprobiert und lege es auch
nicht darauf an.
Landeanflug bei bestem Wetter
Landeanflug mit 90 bis 100 km/h. Die Klappen wirken überraschend
gut. Sie werden mit einem Knebelgriff gezogen, sind federbelastet und
fahren also von allein wieder ein, sobald der Zug nachlässt. Bei
Erreichen des Bodens überleiten, parallel ziehen und dann gut "aushungern lassen" - bis
Mindestfahrt durchziehen. Dank der tief liegenden Flächen landet
die ASK 14 wie auf einem Luftkissen. Setzt man früher auf, springt
sie gern- das ist nicht zu empfehlen, da das Fahrwerk ungefedert ist.
Bewertung zusammengefasst: Ich fliege die Maschine seit 1991 und habe
es noch nie bereut, sie gekauft zu haben. Wirtschaftlicher geht es
kaum: keine Schleppgebühren, Benzinkosten bei meiner Einsatzweises
des Motors vernachlässigbar. Unterbringung im geschlossenen
Hänger, keine teure Hangarierung erforderlich. Mitnahme zu anderen
Plätzen und zu Fluglagern: kein Problem. Selbst an Plätzen,
die keine Motorsegler zulassen: dank Windenstartmöglichkeit kein
Problem. Einzige Nachteile: gleiche Haftpflichtprämie wie ein
Motorfalke, Reisemotorsegler-Berechtigung erforderlich. Und
Holzflugzeug; bei Wandersegelflug muss ich sehen, dass ich eine Halle
finde, denn Feuchtigkeit oder Hagel können schlimme Folgen haben.
Allerdings hatte die Holzbauweise auch einen Vorteil: als mir von einem
lieben Nachbar vor einigen Jahren der Hänger angezündet
wurde, konnte ich den Flieger mit einer Grundüberholung wieder in
einen Topzustand bringen. Eine ähnlich geröstete
Kunststoffmaschine hätte ich wegwerfen können!
Geröstet!