ASH 25
Zweiter Weihnachtsfeiertag – Das Wetter ist trüb. Wir, meine Frau, mein Sohn und ich, sitzen zu dritt im Auto auf dem Weg nach Frankreich. Immer wieder die Diskussion ob es richtig ist, ausgerechnet eine ASH 25 zu kaufen. Keiner von uns hatte sie je geflogen, Die Entscheidung fiel aus dem Bauch heraus. Der immer wiederkehrende Kampf um einen Vereinsdoppelsitzer, der immer vorrangig für Schulung oder Gastflüge eingesetzt wurde, war einfach zu nervig geworden und die Funksprüche „wie lange willst Du noch fliegen?“ taten ihr übriges. Es musste ein Doppelsitzer sein. Aufgrund der Erfahrung mit Pik20 und DG600 war meinerseits keine Scheu vor Wölbklappen vorhanden; meine Frau jedoch hatte noch nie ein Wölbklappenflugzeug geflogen. Gleitzahl 37 war mir zu wenig – die Auswahl ist klein, insbesondere, wenn das Budget nicht für ein Neuflugzeug reicht.
Tags drauf hatten wir sie dann am Haken. Der Schröder-Hänger mit Doppelachse läuft bis Tempo 110 (in Frankreich erlaubt) ruhig, danach wird er unruhig, obwohl er eine Antischlingerkupplung hat. Ok, reicht aus! Aufpassen muss man jedoch bei der Durchfahrt durch die Mautstellen! Durch die Höhe des Domes für das Seitenleitwerk kann es schon mal passieren, dass eine Querbarriere zu niedrig ist. Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass die ausweichen, wenn man hängen bleibt. Ein 11 Meter langer Hänger ist natürlich etwas diffiziler zu bewegen, als ein normaler Segelflugzeugtrailer. Insbesondere die Ein- und Ausfahrten in Tankstellen mit Rechts-Links-Bewegungen möglichst noch zwischen Bordsteinen sind eine große Herausforderung, will man nicht grundsätzlich jede Werbetafel mit dem Heck niedermachen.
Nach einem langen Winter erfolgte dann der erste Flug. Zunächst einmal aufrüsten. Unser Vorbesitzer hatte uns alles genau erklärt; aber nach 4 Monaten war dann doch so manches unklar. Wo müssen Stützen hin? Wie war das mit den Hotelier-Anschlüssen? Wir brauchten viele Helfer um das Flugzeug startklar zu bekommen.
Der Einstieg vorne ist schwierig. Das Rad ragt sehr weit aus dem Rumpf heraus, so dass man sehr hoch über die Seitenwand des Cockpits klettern muss. Eine Gangway wäre nicht schlecht....
Da ich 1,8m gross bin, habe ich ein kleineres Armaturenbrett mit höheren Beinausschnitten angefertigt; Ich mag es nicht, wenn man die Beine nicht bewegen kann, weil das Armaturenbrett drauf aufliegt. Aber mit dem kleinen Brett ist die Sitzposition vorne bequem, aber eng. Platz für Trinkflasche, Müsliriegel, Pinkeltüte etc ist so gut wie nicht vorhanden. Aus diesem Grund habe ich ein kleines „Handschuhfach“ in das Instrumentenbrett eingebaut. Damit hat man Platz genug.
Der Einstieg hinten ist noch schwieriger. Die Höhe ist genauso wie vorne ein Problem, dazu stört die nach hinten hochklappende Haube und man versinkt danach sehr tief im Rumpf. Kleine Personen sollten immer genügend Kissen unterlegen. Sitzt man erst mal, hat man genügend Platz. Allerdings ist der Beinraum sehr schmal und man muss unbedingt schmale Schuhe anziehen, will man das Flugzeug von hinten fliegen. Gewöhnungsbedürftig ist es auch, dass am hinteren Sitz der Abstand zum Instrumentenbrett ungewöhnlich klein ist. Aber man hat sich schnell an die Sitzposition gewöhnt und es ist auch auf langen Flügen sehr bequem.
Die G-109 Turbo spannt das Seil. Die Anfangsbeschleunigung ist merklich geringer als mit anderen Doppelsitzern. 495Kg Leergewicht erfordern ihren Tribut. Aber die Ruder sind schnell wirksam, so dass die Klappen von voll negativ (Stellung 1) auf neutral (Stellung 3) gestellt werden und das Flugzeug abhebt. Einmal in der Luft wird auf Stellung 4 gewölbt und der F-Schlepp ist ruhig. Viel ruhiger als mit jedem Flugzeug, das ich zuvor geflogen hatte. Die große Masse und die große Spannweite lassen den Vogel wie ein Brett in der Luft liegen. Am Ende der Bahn sind wir genauso hoch, wie mit anderen Doppelsitzern auch. Es sind so gut wie keine Steuerbewegungen notwendig. Das Flugzeug folgt der Schleppmaschine wie auf Schienen. Fahrwerk möglichst früh einziehen. Das riesige Rad bringt doch einen enormen Widerstand mit sich. Das Einziehen muss geübt werden. Es ist nicht ganz einfach, aber der Copilot kann helfen. Er kann das Fahrwerk zwar weder entriegeln noch verriegeln., aber er kann die Kraft reduzieren, die am vorderen Hebel notwendig ist.
Ausklinken in etwa 600 Metern. Die Schleppmaschine taucht weg und man beginnt die Besonderheiten dieses Vogels zu erkunden. Querruder und Seitenruder Rechts – rein in den Kreis! Hoppla – Die Zeit, bis die Querlage sich ändert ist lang. Richtig träge ist der Vogel. Und dazu muss man deutlich Seitenruder geben! Ok, ein Einsitzer ist das eben nicht! Klappe auf 5 und das Flugzeug steigt konstant. Korrekturen sind nicht notwendig. Das Querruder erscheint relativ schwergängig. Aber man muss ganz wenig korrigieren. Lass das Flugzeug einfach fliegen!
1500 Meter sind erreicht. Aufrichten und gerade aus! Da man gemerkt hat, dass das Querruder Kraft erfordert, versucht man nicht mehr das Flugzeug zu zwingen. Man drückt leicht in die gewünschte Richtung und wartet bis das Flugzeug aufgerichtet ist. Allerdings muss man wieder deutlich mit dem Seitenruder arbeiten. Beschleunigen auf etwa 190 km/h, Klappe auf 1 – Es ist unheimlich leise in dem Flugzeug. Man kann sich bei jeder Geschwindigkeit in ganz normalem Plauderton unterhalten. Es ist beeindruckend, wie wenig Höhe man verliert. Das Flugzeug frisst Kilometer!
Das Vario zeigt Steigen. Fahrt herausnehmen und Steigen mitnehmen. Die Ausgangshöhe ist annähernd wieder erreicht. So macht Delphin fliegen Spass.
1800 Meter über Greding - WinPilot zeigt an, dass Feuerstein mit 300 Meter Sicherheitshöhe problemlos erreicht werden kann – Das beruhigt! Überhaupt – man gewöhnt sich eine völlig andere Flugeinteilung an. Dadurch, dass man eigentlich immer genügend Plätze im Gleitbereich hat, fliegt man auf Kurs solange geradeaus, bis die Zahl der erreichbaren Flugplätze zu klein (subjektiv!) wird, erst dann sucht man sich den nächsten Bart. Der Kurbelanteil sinkt drastisch. Gleitstrecken von 60, 70 Kilometern sind nichts ungewöhnliches.
Crailsheim 2000 Meter – Der Heimatflugplatz ist grün. Ok, wenn's sein muss, dann eben eine Stunde geradeaus – Endanflug.
Wie üblich ist man viel zu hoch angekommen. Also Höhe abfliegen! Das Flugzeug verliert keine Höhe. Und wenn man landen will, stolpert man auch noch von Bart zu Bart! Also Klappen raus und Fahrwerk raus. Das Ausfahren des Fahrwerks ist problemlos, es fällt von selbst in die Einrastposition und er Hebel muss nur noch nach rechts gedrückt werden.
In Positionshöhe Wölbklappe auf 5, Fahrt etwa 100 – Queranflug und Eindrehen in den Endanflug – Landeklappen setzen. Das Erlebnis ist eindrucksvoll. Mit gesetzten Landeklappen geht es wie im Fahrstuhl abwärts. Die Störklappen tun ihr übriges. Man versteht den Satz im Handbuch, der besagt, dass die Landeklappen erst gesetzt werden dürfen, wenn das Landefeld sicher erreicht werden kann. Zurücknehmen ist nicht mehr! Das Flugzeug liegt immer noch wie ein Brett. Böigkeit ist überhaupt kein Problem, die Quersteuerung ist auch in Landekonstellation gut wirksam. Die Masse und die Spannweite sorgen für einen ruhigen Anflug.
Ausschweben und aufsetzen. Das Flugzeug ist nach der Landung sehr richtungsstabil. Will man die Bahn verlassen, muss man bei genügend Fahrt bereits Seitenruder geben. Ist die Fahrt erst mal unter 40km/h gesunken, sind Richtungsänderungen nicht mehr möglich. Die Scheibenbremse ist sehr wirksam. Durch das hohe Gewicht im Heck, welches durch das weit nach vorne schwenkende Rad verursacht wird, besteht überhaupt keine Gefahr, dass das Flugzeug nach vorne auf den Rumpf geht.
Kein Vorteil ohne einen Nachteil: Das hohe Gewicht im Schwanzbereich macht das Anbringen des Kullers zum Kraftakt. Vordere Haube auf, eine Person setzt sich ganz vorne auf die Spitze und klammert sich am Cockpitrand fest. Der Kullermann setzt den Kuller an und mit einem „HauRuck“ wird der Schwanz kurz angehoben und der Kuller angebracht.
Noch ein Wort zum Auf- und Abrüsten. Die anfänglichen Probleme sind vollständig gelöst. Mit einer selbst gebauten Aufrüsthilfe sind 2 Personen ohne Probleme und Bandscheibengefährdung in der Lage, die Maschine in einer halben Stunde aufzurüsten. Auf ebenem Gelände geht es damit sogar allein! Das Abrüsten geht etwas schneller.
Nach nunmehr etwas über 60 Stunden kann ich das Fazit ziehen: Die ASH 25 ist das Flugzeug, das ich mir gewünscht habe. Doppelsitzer, leise, gleiten...gleiten...gleiten – das sind die Highlights; Das Aufrüsten ist weitaus einfacher als befürchtet, wenngleich mit einem 18m Einsitzer nicht vergleichbar und die Trägheit um die Längsachse ist auch nicht so schlimm, insbesondere, da man (wie Wilhelm Dierks mir mal gesagt hat) mit so einem Flugzeug sowieso keine Kreise fliegt.